— 226 —
Grundlagen ruhende Arbeit sich die Aufgabe gestellt, die wesentlichsten
Bestimmungen des zu erlassenden Staatsbürgerschaftsgesetzes unter Berück-
sichtigung des geltenden Rechts festzustellen. Der Entwurf präcisirt die
sicheren Bestandtheile und Entwicklungen des neueren Rechts und greift
nur dort, wo die Nothwendigkeit unabweisbar wurde, zu mehr oder minder
dem Geiste der einschlägigen kontinentalen Gesetzgebungen entnommenen
erprobten Neuerungen. Der aus 39 Artikeln bestehende Entwurf und die
den einzelnen Artikeln beigefügten Kommentare weisen auf eine gründliche
Kenntniss der Rechtsquellen Deutschlands, Ungarns, Frankreichs und Eng-
lands hin, deren ausgebildete Rechtsinstitute in gelungenster Form zur Er-
läuterung und richtunggebend für die in Vorschlag gebrachten österreichischen
Einrichtungen verwendet wurden. St.
Dantscher (Dr. Theodor, Ritter von Kollesberg), Professor des Staatsrechts
und der Rechtsphilosophie an der Universität in Wien (jetzt Inns-
bruck), Die politischen Rechte der Unterthanen. Erste
Lieferung. Wien, Manz, 1888, S. 122.
Fürwahr ein schwieriges Thema ist es, welches sich der durch seine
früheren Arbeiten (insbesondere durch das wohldurchdachte Werk „Der
monarchische Bundesstaat Oesterreich-Ungarn“, Wien 1880) vortheilhaft 'be-
kannte Verfasser zum Gegenstande seiner Erörterungen erwählt hat. Die
Schwierigkeit liegt nicht so sehr in dem Mangel an vorbereitenden Detail-
arbeiten über einzelne Partien des zu behandelnden Stoffes, mag auch die
geringe Zahl derartiger Vorarbeiten im Interesse der eingehenden und
sicheren juristischen Behandlung des Gegenstandes noch so sehr zu beklagen
sein. Wir erblicken vielmehr die Hauptschwierigkeit, die sich dem Bear-
beiter des oberwähnten Theiles der Disciplin des öffentlichen Rechts entgegen-
stellt, in dem Abgange einer allgemein anerkannten juristischen Termino-
logie, welche bei der Präcisirung der „politischen Rechte der Unterthanen“
eine Stütze zu bieten vermöchte. Das Verdienst desjenigen, der zur Stabi-
lisirung einer solchen Terminologie beiträgt, ist gewiss sehr gross und steht
im umgekehrten Verhältnisse zum Verdieuste derjenigen, welche etwa die
Förderung der eigenen wissenschaftlichen Zwecke durch zweckloses Rütteln
an einer bereits fest ausgebildeten Terminologie erwarten würden.
Die vom Verfasser angestrebte Behebung des soeben gerügten Mangels
erscheint aber im vorliegenden Falle um so gebotener, als das positive Recht
vielfach den Eintritt wichtiger Rechtsfolgen davon abhängig erscheinen lässt,
in welcher Weise der Begriff der „politischen Rechte“ definirt wird. So ist
insbesondere nach österreichischem Rechte, dessen Bestimmungen der Ver-
fasser seinen Ausführungen in erster Linie zu Grunde legt, die Competenz
des Reichsgerichts unter Anderem auch davon abhängig, ob eine Beschwerde
eines Staatsbürgers „wegen Verletzung der durch die: Verfassung gewähr-
leisteten politischen Rechte“ vorliegt, ohne dass jedoch der Gesetzgeber