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gleichzeitig eine Definition der erwähnten Rechte geboten hätte. Auch in
anderer Richtung würden sich unseres Erachtens die Resultate der vom Ver-
fasser unternommenen Forschung verwerthen lassen; wir erinnern nur an
die politischen Vereine, bezüglich deren die Gesetzgebung besondere Be-
stimmungen getroffen und es gleichfalls vollständig der Theorie überlassen
hat, den Begriff der politischen Vereine entsprechend abzugrenzen.
Am bequemsten würde es allerdings erscheinen, die politischen Rechte
den bürgerlichen Rechten entgegenzustellen und alle öffentlichen Berechti-
gungen (im Gegensatze zu den Privatrechten im subjektiven Sinne des Wortes)
als politische Rechte zu bezeichnen. Für diese Ansicht liessen sich auch
einige positive Gesetzesvorschriften anführen, in welchen allerdings das
Wort „politische Rechte“ in dem eben angedeuteten Sinne gebraucht wird,
so z. B. die Bestimmung, dass der Genuss der bürgerlichen und politischen
Rechte vom Religionsbekenntnisse unabhängig sei. Leider ist jedoch diese
einfache Lösung in vielen anderen Fällen nicht zutreffend, wo wir uns mit
Rücksicht auf die unabweisliche Tendenz der betreffenden Bestimmungen
unmöglich der Erkenntniss verschliessen können, dass der Begriff des politi-
schen Rechts vom Gesetzgeber viel enger gefasst wurde, als der Begriff des
öffentlichen Rechts im subjektiven Sinne des Wortes. Es sind somit, wie der
Verfasser richtig hervorhebt, wohl alle politischen Rechte öffentliche Berech-
tigungen, nicht aber umgekehrt.
Wo ist aber die Grenzlinie zu finden, welche die politischen Rechte
von den übrigen Öffentlichen Rechten scheidet? Man könnte allenfalls ver-
sucht sein, für die Lösung dieser Frage den Gegensatz von individueller und
politischer Freiheit zu verwerthen und zu sagen: die individuellen Freiheits-
rechte, welche uns lediglich die negativen Schranken weisen, welche der
Thätigkeit der Staatsgewalt gegenüber der Sphäre der einzelnen Individuen
gezogen sind, erscheinen nicht als politische Rechte; dies gelte nur von jenen
öffentlichen Befugnissen, welche eine positive Erweiterung der individuellen
Sphäre durch Gewährung eines entsprechenden Einflusses auf die Bildung des
Staatswillens und auf die Entfaltung der Staatsthätigkeit repräsentiren
(vgl. Primker Compet. Confl. in Preuss. S. 9). Dieser Annahme steht
jedoch die Erwägung entgegen, dass gerade die Rechte der ersteren
Kategorie — die sogenannten allgemeinen Staatsbürgerrechte oder Grund-
rechte — gewöhnlich als politische Rechte xat’ e&oyny bezeichnet zu werden
pflegen. Auch die Praxis des österreichischen Reichsgerichts hat constant
die individuellen Freiheitsrechte (Vereins- und Versammlungsrecht, Unter-
richtsfreiheit, Recht auf Wahrung der Nationalität etc. etc.) als poli-
tische Rechte angesehen und kein Bedenken getragen, die eigene Competenz
anzuerkennen, sobald die Verletzung eines solchen Rechts in Frage stand.
Der Herr Verfasser entwickelt in dieser Richtung folgende Ansicht: Um
zu dem Begriffe der politischen Rechte zu gelangen, sind aus der Reihe der
öffentlichen Rechte vorerst jene Befugnisse auszuscheiden, welche nicht dem
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