Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierter Band. (4)

— 229 — 
Bekanntlich liegt die Hauptschwierigkeit der Construktion der hier in 
Rede stehenden Befugnisse als Rechte im subjektiven Sinne des Wortes 
einerseits in dem negativen Inhalte dieser Befugnisse, andererseits in der 
Unmöglichkeit, die durch die betreffende Rechtsnorm garantirten Verhält- 
nisse entsprechend zu individualisiren. Der erstere Anstand mag dadurch 
als behoben gelten, dass man mit dem Verfasser den Rechten auf positive 
Handiungen Rechte auf negative Handlungen (Unterlassungen) der Staats- 
gewalt gegenüberstellt; über die zweite Schwierigkeit kommt man aber damit 
noch nicht hinaus. Bei dem Rechte auf Allmendnutzungen, dem Rechte 
aus einer staatlichen Concession etc. repräsentirt sich uns das berechtigte 
Subjekt als solches schon aus dem Inhalte der objektiven Rechtsnorm; wo 
ist aber das berechtigte Subjekt, wenn wir es mit solchen Rechtsnormen zu 
thun haben, die lediglich der Thätigkeit des Staates gegenüber der Sphäre 
der einzelnen Individuen gewisse Schranken setzen? Sind es in der That die 
einzelnen Individuen, die als Subjekte der verfassungsmässig garantirten 
Press-, Vereins-, Unterrichtsfreiheit etc. erscheinen? Dies wäre nur dann 
denkbar, wenn wir die dem Staate zugekehrte Richtung der individuellen 
Sphäre als ein besonderes öffentlich-subjektives Recht erfassen könnten: un- 
möglich ist wohl diese Construktion nicht, doch kann man derselben Ein- 
fachheit gewiss nicht nachrühmen. So müsste man, um concret zu sprechen, 
neben dem dem privatrechtlichen Kreise angehörigen Eigenthumsrecht noch 
ein besonderes publizistisches Recht auf Unverletzlichkeit des Eigenthums 
gegenüber der Staatsgewalt anerkennen. Der Verfasser schreckt nun in der 
That, wie seine Ausführungen auf S. 25 Note 30 (im Gegensatze zur Judi- 
catur des österr. Reichsgerichts) darthun, vor dieser Consequenz nicht zurück, 
indem er (in Uebereinstimmung mit den Ausführungen Mroczcenskr's in der 
österr, Zeitschr. f. Verw. 1885 S. 186) das Recht auf Unverletzlichkeit des 
Eigenthums der Staatsgewalt gegenüber als ein politisches Recht erklärt. 
Dann muss man aber in weiterer Consequenz so viel Rechte im subjektiven 
Sinne des Wortes construiren, wie viel Verletzungen der garantirten Indivi- 
dualsphäre denkbar sind. Und dann stehen wir erst vor der weiteren Frage: 
Haben wir mit dieser unserer Construktion thatsächlich materiell-recht- 
liche Befugnisse erfasst, oder haben wir lediglich einen vom Rechte ge- 
schützten Dispositionskreis in unzählige prozessuale Befugnisse aufgelöst? 
Dass bei Behandlung des Gegenstandes der vorliegenden Schrift die 
Frage nach der Abgrenzung des Öffentlichen und des Privatrechts unmöglich 
umgangen werden konnte, liegt auf der Hand. Eine Besprechung der dies- 
bezüglichen, unseres Erachtens in den meisten Punkten zutreffenden Ausfüh- 
rungen des Verfassers (S. 57—75) müssen wir uns hier versagen, nachdem 
wir mit unseren eigenen Anschauungen über diesen Gegenstand die Leser 
dieser Zeitschrift an einem anderen Orte bekannt zu machen uns erlauben. 
Dieselben weichen von den Anschauungen des Verfassers unter Anderem 
insbesondere darin ab, dass es Letzterer ablehnt, den Begriff der öffentlichen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.