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dem Charakter der öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, als die
reine Verhandlungsmaxime 7°). Doch ist nicht immer das öffent-
liche Interesse mächtig genug, ein amtswegiges Vorgehen behufs
Verwirklichung der durch das öffentliche Recht eingeräumten
Befugnisse wünschenswerth erscheinen zu lassen ®°).
Die Beurtheilung des Wesens einer Streitsache nach Mass-
gabe des vom Kläger in Anspruch genommenen subjectiven
Rechtes kann daher schon aus dem Grunde nicht gebilligt werden,
weil hiebei ein Zurückgehen auf das objective Recht, auf welchem
der klägerische Anspruch basirt, doch stets unvermeidlich ist.
Eine solche Beurtheilung führt aber auch — weil einseitig — zu
positiv unrichtigen Ergebnissen, wie aus Nachstehendem her-
vorgeht.
Ist das vom Kläger angerufene subjective Recht öffent-
lich rechtlicher Natur, so wird man allerdings nie fehl gehen,
wenn man die Streitsache als eine öffentlich rechtliche bezeichnen
wird, weil in einem solchen Falle das Vorhandensein eines privat-
rechtlichen Verhältnisses von vornherein ausgeschlossen erscheint.
Allerdings wird man stets darauf verzichten müssen, öffentlich-
rechtliche und privatrechtliche Ansprüche je nach dem Gegen-
stande der den Inhalt des betreffenden Rechtes bildenden
Dispositionsbefugniss zu sondern. Insbesondere können ver-
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7%) MERKEL in Grünhut’s Zeitschr. VI, S. 394.
°%) So wird beispielsweise oft die Berichtigung oder Ergänzung der
‘Wählerlisten von einer vorgängigen Reclamation der Betheiligten abhängig
gemacht. Die Geltendmachung der aus constitutiven Akten der Verwaltung
resultirenden Ansprüche wird meist den Betheiligten überlassen. Dasselbe
gilt von den Rechten auf Allmendnutzungen und andere aus dem Gemeinde-
verbande resultirende vermögensrechtliche Zuwendungen. Von dem Patent-
rechte und den übrigen gewerblichen Sonderrechten, welche nach unserer
Darstellung gleichfalls als öffentliche Berechtigungen anzusehen sind, und
deren Geltendmachung dennoch ganz dem Belieben der Betheiligten anheim-
gestellt ist, machen wir nur aus dem Grunde keine specielle Erwähnung,
weil der öffentlich-rechtliche Charakter dieser Befugnisse von der herrschenden
Lehrmeinung bestritten wird.