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juristisch behandeln wollte — seine frühere Behauptung“), dass
der Vorgang der staatlichen Willensbildung juristisch gar nicht
erfasst werden könne, aufgegeben; er erkennt jetzt ausdrücklich
an (8. 312), dass, während die Willensbildung der menschlichen
Persönlichkeit ein innerer, nur von psychologischen Gesetzen
beherrschter Akt sei, dagegen der Prozess der Willensbildung
juristischer Personen und insbesondere auch des Staates, weil
durch Rechtssätze bestimmt, juristische Bedeutung habe.
In der Analyse des Gesetzgebungsprozesses schliesst er sich
eng den LABAnD’schen Unterscheidungen ?’) an, wenn er auch die
einzelnen Momente und ihr gegenseitiges Verhältniss theilweise
etwas abweichend bestimmt. Dass diese Momente jedenfalls nicht
nothwendigerweise verschiedene Stadien des Gesetzgebungsweges
bezeichnen, wird wohl allseitig zugegeben‘®). So schreibt auch
JELLINEK der Unterscheidung zwischen gedanklichem Inhalt des
Gesetzes und Gesetzesbefehl staatsrechtliche Bedeutung nur für
die „auf monarchischem Princip ruhenden“ constitutionellen Mo-
narchieen, insbesondere Deutschlands und Oesterreichs, und für
das (wesentlich aus solchen Monarchieen zusammengesetzte und
demzufolge) ähnlich construirte deutsche Reich zu (8. 314 fi.).
Meines Erachtens prägt sich jedoch dieser Unterschied, so weit
derselbe überhaupt als ein zutreffender und staatsrechtlich rele-
vanter anzuerkennen ist, in dem Staatsrecht der Monarchieen
des belgischen Typus ebenfalls aus. Auch in Belgien und den
Staaten von ähnlichem Ursprung, beziehungsweise ähnlicher Ver-
fassung, steht den Kammern nicht, wie JELLINEK meint*°) das
#5) L. v. d,. St.-Verb, 8. 285 ff. Vgl. dagegen meine Kritik in Grünhut’s
Zeitschr., Bd. XI, S. 155.
47) LABAND, Staatsr. des deutschen Reiches, 1. Aufl., Bd. II, $$ 56 u. 57;
2. Aufl., Bd. I, 88 54 u. 58.
48) LaBAnD selbst hat schon in der ersten Auflage seines Staatsrechts
auf die Möglichkeit des äusserlichen Zusammenfallens der begrifflich zu unter-
scheidenden Momente mehrfach hingewiesen (Bd. II, S. 5, 17, 22).
4) 8, 211 und 213. Vgl. oben 8. 9, Anm. 20.
Archiv für öffentliches Recht. IV. 1, 2