Ansicht ist die Sanktion wenigstens in der Monarchie nur ein
innerer Vorgang in der Person des Monarchen’®) und deshalb
ohne jede staatsrechtliche Relevanz; er versteht unter Sanktion
nicht die Ertheilung des Gesetzesbefehls, sondern nur den Entschluss
des Monarchen, den Gesetzesinhalt anzubefehlen (S. 319—320).
Dass in nichtmonarchischen Staaten die Sanktion durch einen
in juristisch wahrnehmbaren Formen erscheinenden Üollegial-
beschluss ertheilt wird, kann sich JELLINER allerdings nicht ver-
hehlen (S. 320 Anm. 9); jedoch auch in einem solchen Beschluss
findet er nicht die Erklärung des Gesetzesbefehls, sondern nur
den Entschluss und Befehl (an das zur Ausfertigung berufene
Organ) zur gesetzgeberischen Willensäusserung. Aber wie ist
mit JELLINEK’s Auffassung zu vereinigen, dass zahlreiche Ver-
fassungsurkunden resp. Gesetze constitutioneller Monarchieen über
die Sanktion der Gesetze — also nach JELLINER’s Theorie über
einen rechtlicher Normirung entzogenen und rechtlicher Bedeutung
entbehrenden Vorgang — Bestimmungen treffen, insbesondere
nicht nur dieselbe ausdrücklich dem Monarchen zuweisen, sondern
auch die Form, die Zeit der Ertheilung derselben u. s. w. regeln 7)?
JELLINEK selbst hat auch seine mit grosser Entschiedenheit vor-
getragene Ansicht keineswegs consequent festgehalten. 8. 361
charakterisirt er die Unterzeichnung der Urkunde eines Staats-
56) Wenn auch andere Schriftsteller die Sanction als inneren Vorgang
bezeichnen, so meinen sie damit einen „Vorgang im Schosse der Staats-
gewalt“ (H. ScHuLze, Preussisches Staatsrecht Bd. I, S. 223).
7) Vgl. z. B. die ausführlichen Bestimmungen der französischen Ver-
fassung von 1791, titre III, chap. III, sect. III „De la sanction royale“. Die
bayerische Verfassungsurkunde von 1818, Titel VII, $ 30, bestimmt: „Der
König allein sanctionirt die Gesetze“; nach dem (Gesetze v. 19. Januar 1872,
Art.40, ertheilt oder verweigert der König den Gesetzentwürfen, welche die
Zustimmung beider Kammern erhalten haben, seine Sanction entweder so-
gleich nach der Vorlage eines jeden einzelnen Gesammtbeschlusses oder
spätestens beim Schlusse der Versammlung im Landtags-Abschiede. Ueber
die belgische Verfassung, Art. 69, und das belgische Gesetz v. 23. December
1865, s. oben S. 18, Anm. 52.