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Sachsen-Coburg-Gotha?”).
Grundgesetz vom 3. Mai 1852 $ 85: Kein Abgeordneter darf wegen der
in Ausübung seines Berufs gethanen Aeusserung ausserhalb des Landtags
zur Verantwortung gezogen werden. Wegen eines durch solche Aeusserungen
etwa begangenen Verbrechens oder Vergehens kann der Landtag seine Miss-
billigung förmlich aussprechen, auch den Fall auf Antrag der Betheiligten
zur strafrechtlichen Erledigung an das Gericht verweisen. Wegen seiner
Abstimmung darf Niemand zur Verantwortung gezogen werden. 886: Kein
Abgeordneter darf während der Versammlung eines Landtags ohne dessen
Zustimmung verhaftet werden, den Fall der Ergreifung auf frischer That
wegen Verbrechens ausgenommen. Im letzteren Falle ist dem Landtage
sofort Anzeige von der erfolgten Verhaftung zu machen“.
Aus der Redaktion des Art. 86 ergiebt sich zwar, dass nicht
nur die Untersuchungshaft gegen einen Abgeordneten während
der Versammlung des Landtags nicht ohne Genehmigung desselben
verhängt werden soll, sondern auch die Civilhaft; wie so aber der
Wortlaut der Vorschrift darüber keinen Zweifel lassen soll, dass
auch die Strafhaft ohne Zustimmung des Landtags nicht voll-
streckt werden darf, und sogar jede andere „Coerzitivhaft,* wie
der neueste Bearbeiter des Coburg-Gotha’schen Staatsrechtes
quardsen’s Handbuch des öffentlichen Rechtes, Freiburg 1884 S. 19, verweist
für die Verhaftung von Abgeordneten in Civilsachen nur auf $ 785 und $ 786
der C.-P.-O. Es ist aber schon oben bemerkt worden, dass die in den
Reichsgesetzen enthaltenen Vorschriften nicht alle Fälle der Civilhaft
umfassen; soweit nach dem einschläglichen bürgerlichen Recht im Gebiete
der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Anordnung der Oivilhaft statthaft ist,
z. B. im Gebiete des Vormundschaftswesens, finden die Bestimmungen der
C.-P.-O. keine Anwendung, wie dies auch der oben erwähnte Gesetzentwurt
der Grossherzoglich hessischen Regierung ausdrücklich anerkannt hat. GARrEISs,
Zeitschr. f. d. ges. Strafrechtswissenschaft Bd. 7, S. 643. Da die Bestim-
mung des Sachsen-Weimar’schen Rechtes ganz allgemein die Verhaftung
eines Abgeordneten verbietet ohne ausdrücklich zu bemerken, dass hierunter
nur die im Strafverfahren bethätigte Verhaftung verstanden worden sei, so
muss auch die Civilhaft, soweit die Reichsgesetze nicht Platz greifen, nach
dieser Vorschrift beurtheilt werden; das Gleiche ist bezüglich aller Ver-
fassungen zu sagen, welche sich in derselben generellen Weise über die Un-
statthaftigkeit der Verhaftung ohne Genehmigung der Kammer aussprechen.
So besteht beispielsweise darüber kein Zweifel, dass die Worte der hessi-
schen Verfassung Art. 85: „keiner Art von Arrest“ auch auf die Civilhaft
Anwendung zu erleiden haben.
27) STOERK, a. a. O. S. 451.