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fahren verleihen, dagegen sowohl in Ansehung der übrigen Akte
einer Strafuntersuchung als auch der Civilhaft keine Ausnahme
von dem gemeinen Recht zulassen. Die Civilhaft ist hiernach
gegen Mitglieder des Oldenburg’schen Landtags nur insoweit
unstatthaft, als dies durch die Reichsgesetzgebung ausgesprochen
ist, im Uebrigen aber durchaus zulässig; eine Einschränkung der
Immunität gegenüber dem Verfassungsrecht in Bayern und Baden
enthält die Oldenburg’sche Gesetzgebung insofern, als auch bei
der Verübung von Vergehen die Verhaftung ohne Genehmigung
der Kammer gestattet ist, wenn der Abgeordnete auf handhafter
That betroffen wird, während die Unstatthaftigkeit der Verhaftung
auch während der Reise zum Landtage und der Rückreise von
demselben eine Ausdehnung gegenüber diesen, sowie den meisten
übrigen Verfassungen bedeutet. Ein Recht, die Unterbrechung
einer vor Eröffnung des Landtags schon vollstreckten Unter-
suchungshaft zu verlangen, besitzt auch der Oldenburg’sche Land-
tag nicht; bezüglich der in den Reichsgesetzen geregelten Fällen
der Civilhaft ist ihm eine Befugniss dieses Inhaltes durch die
oben angeführten Vorschriften der Civil-Prozessordnung einge-
räumt worden.
Braunschweig °®).
Neue Landschaftsordnung vom 12. Oktober 1882 $ 134. Die Mitglieder
der Landschaft haben bei ihren Berathungen das Recht, ihre Meinungen frei
zu äussern und können wegen Verletzungen der Geschäftsordnung, welche
weder ein besonderes Verbrechen noch eine persönliche Beleidigung ent-
halten, nur von der Ständeversammlung selbst zur Verantwortung gezogen
werden. $ 135. Kein Mitglied der Ständeversammlung kann während der
Landtagsversammlung verhaftet werden als entweder im Wege des Wechsel-
verfahrens oder wenn dasselbe auf frischer verbrecherischer That ergriffen
wird oder mit Zustimmung der Ständeversammlung. In den beiden ersten
Fällen hat die verhaftende Behörde dem Staatsministerium und dieses der
Ständeversammlung sofort Anzeige von der Verhaftung zu machen. Geschäfts-
ordnung vom 30. Mai 1871 $ 59. Dagegen darf kein Abgeordneter zu irgend
einer Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines
Berufes gemachten Aeusserungen gerichtlich oder disciplinarisch verfolgt oder
sonst ausserhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden.“
80) STOERK, a. a. 0. S. 346.