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meister kennt, welche diese ihre Thätigkeit zu ihrem Lebens-
beruf machen.
Man würde also unter Zugrundelegung der Meryer’schen
Definition die Verwaltung des Amtsbezirks durch einen besoldeten
(berufsmässigen) Amtsvorsteher als bureaukratische Verwaltung,
diejenige des Nachbarbezirks durch einen Ehren-Amtsvorsteher
als Selbstverwaltung bezeichnen müssen, eine Consequenz, deren
Unhaltbarkeit auf der Hand liegt. —
Die von mir bereits in meiner Schrift (S. 80) erwähnte An-
sicht von E. MEIER °), wonach die Wahl im Gegensatz zur Er-
nennung der entscheidende Punkt für den Begriff der Selbst-
verwaltung sein soll, scheitert, worauf ich ebenfalls bereits (S. 83)
hingewiesen, wesentlich daran, dass er die Ernennung des Amts-
vorstehers, (Amtmanns, Land-Bürgermeisters) als Ausnahme
vom Princip bezeichnen muss (a. a. O. S. 1096).
Ein richtig formulirter Begriff duldet aber, wie bereits oben
betont ist, keine Ausnahme.
Wie wenig überdies die Wahl im Gegensatz zur Ernennung
ein Charakteristikum der Selbstverwaltung, das lehrt ein Blick auf
das englische Selfgovernment; in diesem wird gerade der wich-
tigste Beamte der Selbstverwaltung, der Friedensrichter, vom
Könige ernannt.
Dass aber auch das deutsche positive Recht die Ernennung
der Selbstverwaltungsbeamten keineswegs als „Ausnahme vom
Princip“ ansieht, das geht am deutlichsten aus den Schriften von
GNeEIST hervor, welcher die staatliche Ernennung der obrigkeit-
lichen Selbstverwaltungsbeamten, insbesondere der Amtsvorsteher
und der städtischen Polizeiverwalter als ein nothwendiges Requi-
sit einer geordneten Selbstverwaltung — (nicht aber als eine
Ausnahme) betrachtet (GxEIsT, Die preussische Kreisordnung
S. 37 ff. 40). Gerade die neuere preussische Verwaltungsgesetz-
®) HoLTzEnDoRFFr’s Encyklopädie der Rechtswissenschaft Bd. 1 S. 1092 ff.
(4. Aufl.).