— 3% —
besser, als wenn man sagen wollte: weil thatsächlich ein vom
englischen Parlament angenommener Gesetzentwurf regelmässig
(ja fast ausnahmslos) die königliche Zustimmung erhält, so ist
nach englischem Verfassungsrecht diese Sanktion neben-
sächlich'%).
Aber abgesehen davon -- Momente, welche eine „verfas-
sungsmässige Betheiligung der Bürger“ bei der Ernennung des
Friedensrichters bekunden, hat uns Rosmm nicht angegeben.
Ebenso aber lässt uns die Rosın’sche Definition der sogen.
„bürgerlichen Selbstverwaltung“ im Stich, wenn wir daran denken,
dass in Preussen die kommissarische Besetzung der Stelle des
Laandesdirektors durch Ernennung des Ministers des Innern erfolgt
und dass man in dem Vorschlagsrecht des Provinzialausschusses doch
wohl schwerlich „eine verfassungsmässige Betheiligung der Bürger
als solcher“ bei der Behörden-„Organisation“ wird finden können.
Gar nicht zu finden ist dieselbe bei der kommissarischen
Besetzung der Stellen der Bürgermeister und Beigeordneten in
den Fällen des $ 33 der Städteordnungen vom 30. Mai 1853
und 19. März 1856 und der Ernennung auf die Dauer von 12
Jahren im Falle des $ 32 der Städteordnung für die Rheinprovinz
vom 15. Mai 1856.
Und endlich gar das Oberverwaltungsgericht, welches doch
nach dem durch GxeisTt herrschend gewordenen Sprachgebrauch
und insbesondere auch nach der GnEIsT’schen Auffassung selbst '°)
einen integrirenden Bestandtheil der Selbstverwaltung bildet!
14) Nach Lapanp — Staatsrecht S. 525 A. 1 — soll zwar nach dem Jahre
1707 ein Fall, in welchem eine vom Parlament angenommene Bill von der
Krone verworfen wurde, nicht mehr vorgekommen und der König sogar
verpflichtet sein, solchen Gesetzen die Sanktion zu ertheilen.
Ist dies richtig, so gilt meine Deduktion jedenfalls für den Rechts-
zustand des englischen Verfassungsrechts bis zum Jahre 1707.
15) Gneist, Zur Verwaltungsreform und Verwaltungsrechtspflege in
Preussen (1880) S. 48: „Die Selbstverwaltung des obrigkeitlichen Amtes in
Gestalt der Amtsvorsteher und des Kreisausschusses — im Bezirksrath und
Provinzialrath als Oberinstanz in Beschlusssachen — im Bezirks- und Ober-
26*