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3. Der vorstehend geschilderte Rechtszustand ist — wenig-
stens in Preussen — soweit es sich um den Begriff und die Be-
deutung der Selbstverwaltung handelt, bis zur Gesetzgebung der
50er Jahre im Wesentlichen unverändert geblieben ?*).
Mit der Einführung der constitutionellen Verfassung in
Preussen tritt uns auch das Wort „Selbstverwaltung“ zuerst
in der Gesetzessprache entgegen.
Zwar die Verfassungsurkunde vom 31. Jan. 1850 selbst,
welche im Titel IX, Art. 105, von den Gemeinden, Kreis-, Bezirks-
und Provinzialverbänden handelt, gebraucht dieses Wort noch
nicht; dass sie aber den Begriff in dem vorstehend (unter 2)
entwickelten Sinne kennt, zeigen die No. 1 und 3 des cit. Art,,
welche lauten:
„l) Ueber die innern und besondern Angelegenheiten der
Provinzen, Bezirke, Kreise und Gemeinden beschliessen aus ge-
wählten Vertretern bestehende Versammlungen, deren
Beschlüsse durch die Vorsteher der Provinzen, Bezirke, Kreise
und Gemeinden ausgeführt werden.
Das Gesetz wird die Fälle bestimmen, in welchen die Be-
schlüsse dieser Vertretungen der Genehmigung einer höheren
Vertretung oder der Staatsregierung unterworfen sind.“
n3) Den Gemeinden insbesondere steht die selbständige
Verwaltung ihrer Gemeinde-Angelegenheiten unter gesetzlich ge-
ordneter Oberaufsicht des Staates zu.“
Was unter 3) als selbständige Verwaltung bezeichnet
wird, nennt die zur Ausführung dieser Verfassungsbestimmung
ergangene Gemeindeordnung vom 11. März 1850 (G.-8. S. 213)
„Selbstverwaltung“ ?°).
2%) Von dem Inhalte der Westtälischen L.-G.-O. vom 31. Oktober 1841
(G.-0. S. 297) und Rheinischen G.-O. vom 28. Juli 1825 sehe ich einstweilen
ab, da sie nur eine sehr beschränkte Selbstverwaltung kennen.
%) Darum sagt von Rönne: Die Gemeinde-Ordnung und die Kreis-,
Bezirks- und Provinzial-Ordnung für den Preussischen Staat u. s. w. (Branden-
burg 1850) S. 7 mit Recht: