— 3 —
JELLINEK, obgleich er, wie sofort näher dargelegt werden wird,
eine solche unmittelbar aus den bestehenden Gesetzen hervor-
gehende Befugniss der Regierung nicht anerkennt, doch den Voll-
machtscharakter des Etatgesetzes, „sofern es auf bestehenden
Gesetzen beruht“, schlechthin bestreitet und nur für diejenigen
Ausgaben einräumt, zu deren Aufnahme in das Etatgesetz eine
rechtliche Verpflichtung nicht besteht (S. 294), so dehnt er, was
für die eine Kategorie von nothwendigen Ausgaben zutrifft, ohne
genauere Prüfung auch auf die andere aus.
Die hauptsächliche Bedeutung der eben entwickelten Sätze
zeigt sich in dem Falle des nicht, beziehungsweise nicht recht-
zeitig, zu Stande gekommenen Etatgesetzes. Die Theorie,
dass in diesem Fall die Staatsregierung zur Fortriührung der
Finanzverwaltung und insbesondere zur Erhebung der gesetzlichen
Einnahmen, zur Leistung der auf gesetzlichen Titeln beruhenden
Ausgaben berechtigt und verpflichtet sei, wird von JELLINEK ent-
schieden bekämpft. Seine Polemik richtet sich in erster Linie
gegen das von LABAND ®”) zum Grundpfeiler seiner Lehre gemachte
Argument, dass, wenn auch die Verfassung eine Lücke enthalte,
diese Lücke doch immer aus allgemeinen Rechtsprincipien ihre
Ausfüllung erhalte. Mit gutem Grunde macht JELLINER (S. 297 ff.)
dagegen geltend, dass die Voraussetzung der absoluten Lücken-
losigkeit des Rechtssystems für das öffentliche Recht nicht zutreffe.
Das von ihm aus der englischen Verfassungsgeschichte als Beleg
des Vorkommens und der formell rechtswidrigen Ergänzung einer
solchen Lücke des Staatsrechts angeführte Beispiel hat zwar kaum
Stellung berufen, die Staatsausgaben zu leisten. In concreto aber darf sie
(regelmässig) nur diejenigen Ausgaben leisten, welche nach Verwendungs-
zweck und Betrag für die Finanzperiode auf dem Wege der Gesetzgebung
festgestellt sind.
eT) Budgetrecht S. 75 ff.; vgl. Staatsrecht III, 2, S. 367—368. LABAnD
stimmt übrigens in dieser Voraussetzung mit einem der hauptsächlichsten
Vertreter der von ihm bekämpften Budgettheorie, v. RönnE (l. c. 3. Aufl.,
I, 1, S. 414, Anm. 2; 4. Aufl., I, S. 640, Anm. 5), überein.