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viel wichtigere und einschneidendere Pressverordnung vom 13. Juni
1850 inhaltlich unbeanstandet blieb, sich nur aus politischen
Gründen erklärt. Die Verordnung wurde aus Veranlassung der
Mobilmachung gegen Oesterreich erlassen; dieser folgten die Ab-
machungen von Olmütz vom 25. November 1850, das Aufgeben
der preussischen Einheitsbestrebungen, die Preisgabe der kur-
hessischen Verfassung und der Schleswig-Holstein’schen Selbst-
ständigkeit. Genoss bis dahin das allmächtige Ministerium Bran-
denburg-Manteuffel des unbedingtesten Vertrauens beider Kam-
mern, so konnte nunmehr VIncKE von der Tribüne der zweiten
Kammer den Ruf erheben: „Weg mit diesem Ministerium.“
Die Kommission der zweiten Kammer beantragte gleichwohl,
anzuerkennen, „dass der Erlass der Verordnung vom 12. November
1850 der Verfassung nicht zuwiderlaufe“. Im Plenum beantragte
BESELER zu erklären: „Die Verordnung stehe mit der Verfassung
nicht im Einklang“. Dieser Antrag wurde am 21. März 1851
in namentlicher Abstimmung mit 159 gegen 105 Stimmen ab-
gelehnt, ebenso ein minder weitgehender Antrag RıcHTsTEi@ mit
147 gegen 117°‘). Als am 26. März 1851 BESELER seinen An-
trag wiederholte, blieb derselbe mit 129 gegen 140 Stimmen in
der Minderheit, wodurch gleichzeitig der Antrag der Kommission
als angenommen galt ?°).
C. Zu den von der Octroyirungsbefugniss unbedingt aus-
geschlossenen Gegenständen zählt von’ Rönne (Preuss. Staats-
recht I S. 373) den Titel VIII der preussischen Verfassung von
den Finanzen. Zu den wichtigsten Finanzgesetzen gehören die
Zuolltarifgesetze; jede Aenderung derselben ist für die Finanzen
des Staates, das Budgetrecht und den Verbrauch ausländischer
Erzeugnisse von Wichtigkeit. Nach den Art. 62, 99 und 100
der Verfassung unterliegen daher Aenderungen des Zolltarifs der
2#) Verhandlungen der II. Kammer 1851 Seite 651 ff.
25) Kommissionsbericht vom 28. März 1851 in dem Stenogr. Bericht
Seite 840.