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jeder Beziehung rechtlich feststehenden Ausgaben gelten soll;
JELLINEK müsste sogar, vermöge seiner Annahme, dass die auf
gesetzlichen Titeln ruhenden Ausgaben sämmtlich nur in diesen
ihren Rechtsgrund haben, die Analogie auf alle Verwendungen
für einen rechtlich feststehenden Zweck ausdehnen. Nach meiner
Ansicht geht es allerdings zu weit, wenn in der That LABaAnD %)
behauptet, dass die Regierung im Fall des nicht zu Stande ge-
kommenen Etatgesetzes berechtigt und verpflichtet sei, alle
staatsrechtlich nothwendigen Ausgaben zu leisten, wobei der von
ihm anerkannte Unterschied zwischen den nur in Bezug auf den
Rechtstitel und den auch der Höhe nach feststehenden Ausgaben
lediglich für die Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung
von Bedeutung sein soll. Die Regierung kann ohne besondere
Ermächtigung nicht die Befugniss haben, das der Gesetzgebung,
d. h. den gesetzgebenden Faktoren in verfassungsmässigem Zu-
sarmmenwirken, gegebene Recht, die Höhe der nur hinsichtlich
des Verwendungszweckes feststehenden Ausgaben zu bestimmen,
nach ihrem einseitigen Ermessen — wenn auch unter Vorbehalt
nachträglicher Prüfung durch die Volksvertretung — auszuüben;
aus dem Bedürfniss des Staates kann sie ein solches Recht ebenso
wenig ableiten wie die Befugniss, für rechtlich nicht feststehende
(willkürliche) Zwecke faktisch nothwendige Ausgaben zu leisten ”).
Auch bei dem Vorhandensein eines Nothfalls — und als solcher
ist der Mangel eines Etatgesetzes zu betrachten ®) — hat die
9) Staatsrecht III, 2, S. 371—373.
®5) LaBanD (1. c. S. 373—374) tritt freilich auch für diese Befugniss ein.
Wenn er sich hiefür auf die Analogie der ausseretatmässigen Ausgaben be-
ruft, so muss ich entgegenhalten, dass ich auch ein Recht der Regierung,
bei vorhandenem Etatgesetz für Zwecke, die nicht in demselben vorgesehen
sind, Ausgaben zu machen, (in Ermangelung specieller gesetzlicher Bestim-
mung) nicht anerkennen kann.
%e) Richtig H. ScHhuLzE (Preuss. Staatsrecht II, S. 447; Lehrbuch des
deutschen Staatsrechts I, S. 594), welcher jedoch, ähnlich wie LABAND, an-
zunehmen scheint, dass die Regierung aus den Anforderungen des Staats-
wohls unmittelbar Rechte ableiten könne.