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wäre, den Staat unbeschränkt nach aussen zu verpflichten, die
Kammern als Organe des Staates auch staatsrechtlich verpflichtet
wären, die Erfüllung des Vertrages durch ihre Zustimmung zu
ermöglichen.
Gegen diese scharfsinnigen Ausführungen lassen sich mannig-
fache Bedenken erheben. LABannp!!”) hat darauf hingewiesen,
dass, wenn der Vertrag pure abgeschlossen sei, die Genehmigung
von Seiten der Volksvertretung nicht als Bedingung der Gültig-
keit des Vertrags bezeichnet werden dürfe; immerhin erscheint
der Gebrauch dieses Ausdrucks im Sinne einer sogenannten conditio
iuris, eines unmittelbar durch die Rechtsordnung bestimmten Er-
fordernisses, wenn auch leicht zu Missverständnissen Anlass gebend,
doch nicht als unzulässig !'®). Unrichtig aber ist meines Erachtens
die Annahme, dass der Repräsentant, welcher ein nur mit freier
Zustimmung der Volksvertretung zu realisirendes Versprechen
unbedingt gebe, sich damit zu einer unmöglichen Leistung ver-
pflichte; in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle wird viel-
mehr, wie die Erfahrung zeigt, die parlamentarische Zustimmung
ohne erhebliche Schwierigkeit ertheilt werden !!°); selbst wenn im
speciellen Fall wegen Versagung dieser Zustimmung die Leistung
als eine zur Zeit unrealisirbare sich herausstellen sollte, kann
ihre spätere Erfüllung durch ein entgegengesetztes Votum der
Un) Staatsrecht 2. Aufl., I, S. 648, Anm. 1.
118) JELLINEK hat cine Missdeutung dadurch möglichst ausgeschlossen,
dass er (S. 354) die Zustimmung der Volksvertretung ausdrücklich als „con-
ditio iuris“ bezeichnet. — Andererseits spricht LaBAnD selbst in seinen Er-
örterungen über den Abschluss von Staatsverträgen von einer „bedingten“
Legitimation (so Staatsrecht, 2. Aufl., I, S. 635) und von „Bedingungen“
der Vollziehbarkeit (so ib., S. 641), wo er unmittelbar durch das objektive
Recht gesetzte Beschränkungen im Auge hat. Auch die Bezeichnung „Reso-
lutivbedingung* verwendet er an einer andern Stelle seines Werkes (S. 772)
in diesem Sinne.
119) Richtige Bemerkungen über die Zwangslage, in welcher sich die
Parlamente gegenüber bereits abgeschlossenen Verträgen regelmässig befinden,
macht JELLINEK selbst (S. 354).