Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierter Band. (4)

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die staatsrechtliche als die völkerrechtliche Gültigkeit 
zu verstehen 12°). Ebenso wird, wenn verfassungsmässig der Ab- 
schluss von Staatsverträgen an die Zustimmung der Volksver- 
tretung gebunden ist 12°), dadurch präsumtiv nicht nur eine staats- 
rechtliche Pflicht des Repräsentanten, vor der Ratifikation 
diese Zustimmung einzuholen, sondern auch eine entsprechende 
Beschränkung seiner völkerrechtlichen Legitimation be- 
wirkt. Aber auch wenn eine Verfassung — wie die belgische 
und die italienische ihrem Wortlaut nach !?27) — für die Wirk- 
samkeit von Staatsverträgen die vorherige Zustimmung der 
Volksvertretung fordern, wird darunter im Zweifel nicht allein 
die staatsrechtliche, sondern auch die völkerrechtliche 
Wirksamkeit zu verstehen sein; der Vertrag wird alsdann 
durch die Versagung der parlamentarischen Zustimmung nicht 
vernichtet, aber so lange, als die rechtliche Voraussetzung der 
Vollziehbarkeit nicht eingetreten ist, ist keiner der Contrahenten 
befugt, die Erfüllung des Vertrages zu verlangen !??). Andererseits 
125) Wird der Vertrag unter der Herrschaft dieses Systems erst nach 
der Ratifikation der Volksvertretung zur Genchmigung vorgelegt, so ent- 
scheidet sich die Frage seiner staats- und völkerrechtlichen Gültigkeit durch 
das zustimmende oder ablehnende parlamentarische Votum. In dieser An- 
nahme stimme ich mit Unger (l. c. S. 351 ff.) überein, wenngleich dessen 
Berufung auf die Analogie der privatrechtlichen Verträge, welche der Zu- 
stimmung eines „Dritten“ zu ihrer Gültigkeit bedürfen, für zutreffend nicht 
erachtet werden kann. 
126) Besonders deutlich in dieser Hinsicht ist das Staatsgrundgesetz 
für die Herzogthümer Coburg und Gotha, $ 128, Abs. 2. — Ein Analogon 
bietet auch die durch Art. 11, Abs. 3 der deutschen Reichsverf. postulirte 
Zustimmung des Bundesraths zum Abschluss der dort bezeichneten Ver- 
träge. Wenn Laisann (Staatsrecht, 2. Aufl, I, 8..649 ff.) gegen die ge- 
wöhnliche Auslegung dieser Bestimmung die Fassung der kaiserlichen Rati- 
fikationsurkunden geltend macht, so kommt diesem Argument wohl ebenso 
wenig massgebende Bedeutung zu, wie der Eingangsformel der Reichsgesetze 
für die Frage, ob die Sanction der Reichsgesetze vom Kaiser oder vom Bun- 
desrath ausgehe. 
127) Belg. Verf., Art. 68; italien. Verf., Art. 6. 
128) Dagegen besteht unverändert fort die Pflicht des Repräsentanten,
	        
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