Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierter Band. (4)

— 542 — 
selbständige und unabhängige Stellung der Selbstverwaltungs- 
beschlussbehörden ist, das wird ein Beispiel klar machen. 
Das Polizeiverordnungsrecht steht den Organen der Minister- 
verwaltung dergestalt zu, dass jedes Organ nur für den Umfang 
seines Bezirks (z. B. der Landrath für den ganzen Kreis oder 
für mehrere Ortspolizeibezirke, der Regierungspräsident für den 
ganzen Bezirk oder mehrere Kreise [nicht für einen Kreis] 
seines Bezirks) Polizeiverordnungen erlassen kann. 
Dies schliesst aber die Befugniss des höheren Organs nicht 
aus, das niedere anzuweisen, für seinen Bezirk eine bestimmte 
Polizeiverordnung zu erlassen. Einer solchen Weisung muss das 
nachgeordnete Organ zweifellos und unbedingt Folge leisten. 
Soweit dagegen zum Erlass einer Polizeiverordnung die Zu- 
stimmung eines Organs der Selbstverwaltung, z. B. des Kreis- 
oder Bezirksausschusses (88 139, 142 L.-V.-G.) erforderlich ist, 
hat auf deren Entschliessung die Ministerverwaltung nicht den 
geringsten Einfluss °). 
°) Schon Rosm hat in seiner Schrift: Das. Polizeiverordnungsrecht in 
Preussen (Breslau 1882) auf diesen Unterschied zwischen der Stellung der 
Organe der Ministerverwaltung gegenüber denjenigen der Selbstverwaltung 
aufmerksam gemacht (S. 144 und 155 a. a. O.). Dass auch die Staats- 
regierung nicht verkannt hat, dass sie kein Recht zum Erlass von An- 
weisungen an die Selbstverwaltungsbeschlussbehörden habe, dafür beruft sich 
Rosm mit Recht auf die Drucksachen des Abgeordneten-Hauses, 1875, No. 14, 
S. 33. Es heisst dort in den Motiven zu $ 93 des Entwurfes zu einer Pro- 
vinzialordnung, welcher von einem den Ministerien neu einzuräumenden Polizei- 
verordnungsrecht handelt, mit Bezug hierauf: „Bisher wurde dem Bedürfnisse 
— (nämlich einer ministeriellen Polizeiverordnungsbefugniss) — dadurch 
genügt, dass die Ressortminister die Bezirksregierungen beauftragten, die 
erforderlichen Strafbestimmungen zu erlassen. Allein abgesehen davon, dass 
dieses Verfahren schon dem Buchstaben des bisherigen Gesetzes nicht ent- 
sprechen mochte, würde dasselbe in Zukunft jedenfalls nicht beibehalten 
werden können, wenn der Erlass von Provinzialpolizeiverordnungen dem 
Oberpräsidenten — unter Zustimmung des Provinzialausschusses — über- 
tragen wird. Es würde der Stellung der Provinzialausschüsse zu den Mi- 
nistern nicht entsprechen, wenn die ersteren die von den letzteren erlassenen 
polizeilichen Anordnungen einer materiellen -Prüfung unterwerfen wollten,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.