Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierter Band. (4)

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der Volksvertretung in Bezug auf Staatsverträge keine besondere 
rechtliche Norm sich findet '?), ist anzunehmen, dass der Reprä- 
sentant hinsichtlich seiner völkerrechtlichen Legitimation keiner 
Beschränkung unterliegt, dass aber, soweit der Inhalt des Ver- 
trags in die Befugnisse der Volksvertretung eingreift, zur Aus- 
führung dieser Vertragsbestimmungen der freie Oonsens der 
Volksvertretung erforderlich ist!3?), und dass diesem Erforderniss 
auch völkerrechtliche Bedeutung zukommt, die Wirksam- 
keit der betreffenden Vereinbarungen also bis zur Erlangung der 
parlamentarischen Zustimmung suspendirt ist. Die gleichen 
Grundsätze gelten für den Fall, dass die Verfassung eimes Staates 
zwar hinsichtlich gewisser Staatsverträge Mitwirkungsbefugnisse 
der Volksvertretung statuirt, aber diese Festsetzungen sich nicht 
auf alle ihrem Inhalt nach in die Sphäre der formellen Gesetz- 
gebung fallenden Verträge erstrecken '#?), ohne dass doch die 
Absicht, für die nicht ausdrücklich erwähnten Verträge jede 
materielle Cognition der Volksvertretung auszuschliessen, oder 
dem Beschluss der Volksvertretung nur staatsrechtliche Wirk- 
samkeit einzuräumen, nachweisbar wäre !?#). 
81) Hieher gehören z. B. Bayern, Sachsen, Baden, Hessen. 
132) Dies nimmt auch Prösst (l. c. S. 326) an; da er aber, wie alle 
Schriftsteller, welche bisher die einschlägigen Fragen behandelt haben, nur 
zwischen Gültigkeit und staatsrechtlicher Vollziehbarkeit des Vertrags unter- 
scheidet, so schreibt er dem ablehnenden Votum der Volksvertretung gegen- 
über dem andern Contrahenten keine juristische Bedeutung zu. 
158) Dies wäre z.B. für das deutsche Reich der Fall, wenn den Worten 
„nach Art. 4“ in Art. 11, Abs. 3 der Reichsverf. eine rechtliche Bedeutung 
zukäme. Vgl. auch die folg. Anm. 
13) So bedürfen Friedensverträge nach Art, 48 der preuss. Verf.-Urk. 
zu ihrer Gültigkeit in keinem Falle der Zustimmung des Landtags. Dagegen 
ist aus den Verhandlungen der s. g. Revisionskammern zu entnehmen, dass 
den Kammern das Recht, über die in die Sphäre der Gesetzgebung fallende 
Ausführung von Friedensverträgen frei zu beschliessen, nicht entzogen werden 
sollte (E. MEıer, ]. c. S. 238 ff.); immerhin scheint aus eben diesen Ver- 
handlungen hervorzugehen, dass dem Beschluss der Kammern nur eine auf 
das Innere des preussischen Staates beschränkte rechtliche Bedeutung zuge- 
schrieben wurde,
	        
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