Parlament gefällt habe, betrachten könne, enthält sicher keine
genügende Lösung des Problems 1).
Die von GnEIsT begründete Auffassung, dass der Richter
über die Formen des Zustandekommens der parlamentarischen
Beschlüsse nicht zu cognosciren habe, ist, wie schon oben bemerkt
wurde, dem englischen Recht entnommen. In England hat
der Satz, dass Angelegenheiten, welche eines der Häuser des
Parlaments und so insbesondere auch den Geschäftsgang des
Hauses betreffen, nur in diesem Hause verhandelt und zum Austrag
gebracht werden dürfen, gewohnheitsrechtliche Geltung !°%)
und konnte solche um so leichter erlangen, als die Rechtssätze
über das Verfahren jedes der beiden Häuser selbst fast durchaus
nur aufObservanz oder Autonomie des einzelnen Hauses beruhen !?7).
Dadurch werden wir zu einer richtigen Begrenzung der An-
nahme, dass die Art des Zustandekommens der Beschlüsse der
Kammern als „Internum ihrer Collegialverfassung“ !®) anzusehen
sei, geführt. Diese Annahme ist nur berechtigt, soweit sie sich
auf einen Satz des positiven Rechts stützt. Soweit die Kammer
185) Wenn JELLINEK (S. 402, Anm. 15) den Ausspruch G. Meyer's (l. c.
S. 508), der Richter sei nicht berechtigt, Entscheidungen der gesetzgebenden
Organe über die Anwendung gewisser Formen zum Gegenstand seines Super-
arbitriums zu machen, beifällig citirt, so darf doch nicht übersehen werden,
dass jener Schriftsteller seine Behauptung nicht generell aufstellt, sondern
auf gewisse Fragen des parlamentarischen Verfahrens, welche der aus-
schliesslichen parlamentarischen Cognition überlassen seien, beschränkt.
186) May, Das englische Parlament und sein Verfahren, übersetzt von
OPPENHEIM, S. 61 und S. 424. — Dagegen wird ein Gesetz, welches nicht
(in allen seinen Theilen) die Zustimmung beider Häuser des Parlaments
erhalten hat, als ungültig angesehen: ibidem S. 425—426. So wurde insbes.
in zwei Präcedenzfällen ein Gesetz, welches den königlichen assent ohne vor-
ausgegangene völlige Einigung der beiden Häuser erhalten hatte, nachträg-
lich durch eine neue gesetzliche Bestimmung für rechtsverbindlich erklärt
(ib. S. 427-428). Hierdurch ergänzt sich die Darstellung von JELLINEK
S. 404—-405, welchem allerdings zuzugeben ist, dass Entscheidungen der eng-
lischen Gerichte über die Frage nicht vorliegen (Mary S. 425).
187) May 1. c. S. 60-61, 167 ff., 424,
188) H, ScHULzE, Lehrb. des deutschen Staatsrechts I, S. 568.