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Art. 45: „Dem Könige allein steht die vollziehende Gewalt
zu. F|ir ernennt und entlässt die Minister. Er befiehlt die Ver-
kündigung der Gesetze und erlässt die zu deren Ausführung
nöthigen Verordnungen.“
Es ist unerfindlich, wie man hier eine sanctio legis des Königs
als eigenartigen, als entscheidenden Act herausconstruirt. Nichts
Anderes ist Recht im preussischen Staat, als dass der König und
die Kammern übereinstimmen müssen.
Man verwechsle nur nicht den König und seine Regierung.
Wenn ein Gesetzentwurf der letzteren unverändert von den
Kammern angenommen wird, so ist natürlich nur diese An-
nahme seitens der Kammern ein staatsrechtlich interessirendes,
dagegen die gleiche Gesinnung der königlichen Regierung ein
durchaus irrelevantes Moment. Die in der Unterschrift zur Er-
scheinung gelangende Uebereinstimmung des Königs selbst ist
vielmehr erforderlich, um den Ring zu schliessen. Daher ist er
allerdings, auch ohne dass man mit einer Sanctionsbefugniss zu
operiren braucht, einem von der Regierung ausgearbeiteten, von
den Kammern unverändert angenommenen Entwurf gegenüber
vollkommen frei. Diese Warnung war nothwendig. Hat doch
selbst ein Mann wie MoHL in seinem württembergischen Staats-
recht I, S. 619 diese Verwechslung vorgenommen.
Ich rekapitulire: Richtiger Ansicht nach ist der preussische
Gesetzgeber der preussische Staat. Die beiden einander coordi-
nirten gesetzgebenden Factoren sind König und Landtag.
Daran ändert auch die ausschliessliche Publicationsbefugniss
des Königs nichts. Denn indem er publiciren lässt, ist er repräsen-
tirendes, ist er Verwaltungsorgan, kein Gesetzgeber mehr. Dies
spricht Art. 45, in seinem Zusammenhang ergriffen, völlig klar
aus. Indem er publicirt, steht der König schon unter den zur
unlösbaren Einheit verbundenen Willenserklärungen seiner selbst
und der Kammern.
Würde nicht auch das Bewusstsein von der Möglichkeit, noch