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Ausführungen des Schweizer Völkerrechtsgelehrten auch heute
noch ganz besondere Aufmerksamkeit, insofern sie die Quintessenz
dessen enthalten, was man in achtbaren Kreisen auf schweize-
rischer Seite von Rechtswegen ein für allemal verlangen und
geben zu dürfen glaubt.
Diese gegenseitigen Zugeständnisse und Forderungen propo-
nirt nun der Verfasser (Seite IX) in nachfolgenden Punkten:
„I. Die Schweiz darf und soll sich nicht weigern, neben den
besonderen Pflichten, die ihr ihre Neutralitätsacte ausdrücklich
auferlegt, auch noch alle und jede von dem geltenden euro-
päischen Völkerrecht aufgestellten Verbindlichkeiten souveräner
Staaten, pünktlich zu erfüllen, speciell auch die einer
geordneten Fremdenpolizei.
II. Sie hat aber in diesem Punkte keine besonderen
Verpflichtungen oder Beschränkungen, die ein anderer souveräner
Staat nicht hat, und steht auch nicht unter einer Aufsicht oder
Beeinflussung, die mit dem Wesen der Souveränetät unvereinbar
wäre und sogar von der Neutralitätsurkunde selbst als unzulässig
erklärt ist.
III. Zu ihren wirklich stattfindenden völkerrechtlichen Pflich-
ten kann sie mit allen erlaubten völkerrechtlichen Zwangsmitteln
angehalten werden, ausser dem Kriege, der im Interesse
Europas ausgeschlossen ist.
IV. Eine thatsächliche Verletzung der schweizerischen
Neutralität und Unverletzlichkeit, sei es durch directen Angriff,
oder durch Nichtbeachtung des neutralen Gebietes im Falle eines
Krieges zwischen Dritten, giebt der Schweiz das Recht, sich zum
Zwecke der Erhaltung ihrer Freiheit und Neutralität mit jedem
beliebigen Staate zu alliiren, und bildet für die sämmtlichen
Gaarantiemächte eine Veranlassung und Verpflichtung, gemeinsam
den Angreifer zur Einstellung seiner feindlichen Massnahmen und
zur Natisfaction anzuhalten,“
Es kann nun nicht die Aufgabe dieser Studie sein, dem Ver-