Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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völkerrechtlicher Natur, die unsere Aufmerksamkeit erregt. Nach 
der von dem Verfasser und auch sonst regelmässig vertretenen 
Ansicht kann die Schweiz — also jeder neutralisirte Staat — zur 
Erfüllung der völkerrechtlichen Pflichten, ob sie nun allgemeiner, 
oder specieller, aus dem KNeutralisationsverhältniss fliessender 
Natur seien, mit allen erlaubten völkerrechtlichen Zwangsmitteln 
(Retorsionen, Repressalien ?) angehalten werden, ausser dem 
Kriege, der im Interesse Europas ausgeschlossen sei. Nun 
könnte aber ein Krieg, der nöthig geworden, um einen Staat zur 
Erfüllung seiner völkerrechtlichen Pflichten anzuhalten, niemals 
gegen das Interesse Europas sein, sondern unter allen Umständen 
wäre das Gegentheil der Fall. Doch ist diese Begründung des 
Verfassers, wie meine Bemerkung darauf, politischer Natur, und 
wir wollen sie, ob sie für oder gegen spricht, bei Seite lassen. 
Rechtlich aber wäre für den neutralisirten Staat offenbar ein 
Privilegium gegeben, dessen consequente Ausnützung ganz unab- 
sehbare Folgen für den gegenwärtigen internationalen Rechtszu- 
stand nach sich ziehen würde. Man braucht eben nur zu fragen: 
Was dann, wenn die erlaubten völkerrechtlichen Zwangsmittel nun 
nicht ausreichen würden? Der Fall ist ja praktisch höchst wahr- 
scheinlich ausgeschlossen, ein derartiger Conflict zwischen zwei an 
Gesittung und Cultur und darum an internationalem Pflichtgefühl 
gleichen Staatswesen kaum je zu erwarten. Allein im Bereiche 
der Unmöglichkeit liegt er keineswegs; die Theorie aber hat ihn 
jedenfalls in Betracht zu ziehen. 
Würde nun für die neutralisirenden Staaten dies Beneficium 
des anderen eine bedeutsame, unter Umständen überaus schwer 
zu ertragende Obligation bedingen, so entsteht, nach dem allge- 
meinen Grundsatze, dass besonderen Rechten auch besondere 
Pflichten entsprechen, die Frage, welche correspondirende Ver- 
pflichtung denn der neutralisirte Staat seinerseits habe gegenüber 
diesem ausserordentlichen Vorrecht, das ihm die anderen eingeräumt? 
Auf Seite 69 giebt der Verfasser die Antwort darauf; er sagt:
	        
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