Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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lich zulässig ist. T’hatsächlich wird hierdurch für den neutralisirten 
Staat allerdings eine völlige Stabilisirung seiner Kraftverhältnisse, 
sofern diese durch kriegerischen Verkehr eine Vermehrung zu 
erhoffen haben, aber auch zugleich eine völlige Conservirung 
derselben bewirkt, soweit sie einer Verminderung durch jenen 
ausgesetzt sind. 
Zwecks der juristischen Klärung des Neutralisationsrechts ist 
nun vor allem hervorzuheben, dass diese Neutralisation von Staaten 
stets ein zweiseitiges Rechtsgeschäft ist, bedingt durch die Ge- 
währung von Rechten und die Uebernahme von Pflichten sowohl 
auf Seiten des neutralisirten als der neutralisirenden Staaten. 
Indem die Theorie regelmässig, im Anschluss an den Sprachge- 
brauch der Praxis, von „Neutralisiren“ als verbum transitivum spricht, 
verwischt sie den Charakter des Neutralisationsactes vollständig 
und erweckt den Verdacht, als ob sie denselben als eine Art 
internationalen Verwaltungsactes auffasste. Allein auch der neu- 
tralisirönde Staat ist vollkommen souverän; er hat kein Recht 
aufgegeben, das nicht auch jeder andere ihm gegenüber aufgegeben 
hätte"). Erklärt er sich mit der Neutralisation nicht einverstanden, 
so hilft alles „neutralisiren“* seitens der übrigen Mächte nichts. 
Freilich ist dabei der Schwerpunkt der Leistungen auf Seite der 
letzteren, und in den Vertragsinstrumenten wird dementsprechend 
die Neutralisation öfters als avantage, benefice etc. für den be- 
treffenden Staat bezeichnet. Aber der juristische Charakter des 
Rechtsgeschäfts wird dadurch nicht berührt. Dieser erscheint viel- 
mehr als eine gegenseitige Verzichtleistung ?) 
!) Im Verkehre mit Staaten, die ausserhalb der internationalen Rechts- 
gemeinschaft stehen, ist der neutralisirte Staat ebenso unbeschränkt wie die 
anderen. Weder aus den Vertragsurkunden noch aus dem muthmasslichen 
Willen der vertragenden Mächte ist zu schliessen, dass die Enthaltung des 
neutralisirten Staates vom kriegerischen Wettbewerbe auch auf solche sich zu 
erstrecken habe. Daher ist z. B. ein aggressiver Krieg eines neutralisirten 
Staates im Falle colonialer Verhältnisse nicht ausgeschlossen. 
?) Diese besondere Natur des Neutralisationsvertrages wird in einer Neu- 
tralisationsurkunde selbst zum unmissverständlichen Ausdruck gebracht. In
	        
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