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Verhalten Luxemburgs selbst ausdrücklich hervorgehoben ist.
Dieses Princip ist aber bei allen Neutralisationen dasselbe; es
setzt sich bei allen aus denselben beiden Verpflichtungen zusammen.
Die letztere aber wird um so bedeutsamer, je grösser die Hilfs-
mittel, je stärker zumal die militärischen Kräfte des neutralisirten
Staates sind.
Von den Schranken dieser Neutralisation umfangen und ge-
schützt, ist nun der neutralisirte Staat allerdings jenem Verkehrs-
leben der internationalen Staatengemeinschaft entrückt, welches
sich durch den Krieg bethätigt: Ihrem Rechtsleben aber ist er
deshalb nicht entrückt. An diesem nimmt er vielmehr voll und
ganz Theil, an allen Rechten, die aus ihm hervorgehen und an
allen Pflichten, die ihm entspringen. Er nimmt insbesondere auch
insofern daran Theil, als er wie jeder andere Staat zu den „wirk-
lich stattfindenden völkerrechtlichen Pflichten“ (Hırry 8. IX) mit
allen erlaubten völkerrechtlichen Zwangsmitteln angehalten werden
kann, selbst mit der Gewalt der Waffen. Denn es liegt weder
in der Natur des Rechtsverhältnisses, noch in dem Willen der
Contrahenten, dass der neutralisirte Staat insofern eine privilegirte
Ausnahnsstellung durch die Neutralisation erhalte, als alle die-
jenigen völkerrechtlichen Pflichten, zu welchen er sich freiwillig
nicht bekennen mag — und es mögen solcher je nach der Sonder-
natur und Organisation des betreffenden Staatswesens mehr oder
weniger denkbar sein —, zu denen er ohne Gewalt nicht ange-
halten werden könnte, für ihn nicht existiren sollten. Ist unter
solchen Umständen Gewalt nöthig geworden, so ist diese Gewalt-
anwendung eben nicht Krieg im historischen Sinne, sondern es
ist wirkliche und wahrhafte Execution seitens der Völkerrechts-
gemeinschaft oder eines ihrer Mitglieder, ausgeübt gegen den
Staat, der sich geweigert hat, den wirklich stattfindenden völker-
rechtlichen Pflichten nachzukommen. Nur die physische Bethä-
tigung des Krieges ist vorhanden, nicht aber seine rechtlichen
Merkmale, die sich im Zwecke des Waffenganges offenbaren.