Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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fasser — im Gegensatz zu manchen Erörterungen in der Tages- 
presse — wenn er dem neutralisirten Staat das Recht der 
Defensiv-Allianz vindicirt, allerdings nicht etwa der Defensiv-Allianz 
im gewöhnlichen Wortverstande, die den Alliirten verpflichtet, 
gleichfalls zu den Waffen zu greifen, sobald der Bundesgenosse 
angegriffen wird, sondern lediglich einer solchen Allianz, die ihm 
jene Hilfe sichert, ohne die entsprechende Gegenleistung zu for- 
dern. Das Recht zu solcher Allürung ist die nothwendige Con- 
sequenz des Rechtes der Nothwehr, welches dem neutralisirten 
Staate wie jedem anderen zusteht und von dem er auch vorberei- 
tender Weise täglich insofern Gebrauch macht, als er sich eben- 
sowohl militärisch organisirt und ausbildet, wie jeder nicht neu- 
tralisirte Staat. Uebrigens war gerade die Schweiz, zur Zeit der 
zweiten Napoleonischen Invasion, in der Lage, ihre eigenen Hilfs- 
mittel zwecks der Selbstvertheidigung durch eine Allianz zu ver- 
stärken, indem sie eine solche von den vereinigten Mächten an- 
geboten erhielt und acceptirte. 
Dass die von ihm sogen. partiellen Neutralisirungen einzelner 
Gebietstheile eine eigenartige, mit einer gewöhnlichen Neutralität 
nicht vereinbare Stipulation bilden, hat auch HırTry (8. 21) treffend 
erkannt, und er führt als Beispiele dafür den Suezkanal an, für 
später den Panamakanal, die Donau vom eisernen Thore ab- 
wärts etc. Allen er ist auf eine Erörterung des juristischen 
Wesens dieser eigenthümlichen Stipulation nicht eingegangen; er 
hat für diese noch weniger als für die Neutralisation von ganzen 
Staaten einen Platz im Völkerrechtssysteme gewonnen und be- 
handelt sie als eine Rarität, „die ihre Probe noch nicht bestanden“. 
Das letztere mag der Fall sein; ich bin sogar geneigt, es gleich- 
falls zu glauben. Das hindert aber nicht, dass wir hier mit einer 
im Princip vollkommen fertigen, vollkommen logischen Rechts- 
bildung zu thun haben, ja sogar mit einer Rechtsbildung, auf 
deren Grundgedanken die sämmtlichen Unterschiede zwischen den 
von Völkern der internationalen Rechtsgemeinschaft und jenen
	        
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