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zu der Entstehungsgeschichte des vorliegenden Entwurfes behandelt werden
und desshalb nicht beinahe die Hälfte des ganzen Heftes für sich in Anspruch
nehmen. Die erhebliche Länge der Einleitung beeinträchtigt den dem Haupt-
gegenstande gewidmeten Raum; und die Schlussbetrachtung lässt ein Urtheil
über die weitere Behandlung des Eintwurfes vermissen.
„Vor Allem — sagt der Verfasser dieses Heftes — wird man den
Massstab der Vergleichung mit dem Bestehenden nur mit grösster Vorsicht
anlegen dürfen, und sodann mäkele und nörgele man nicht am Kleinen, ob
etwas vorzüglicher hätte gemacht. werden können, wenn das Gebotene nur
brauchbar ist“.
Wenn der Verfasser des Heft 1 dennoch versichert, dass er der Kritik
die Augen nicht verbinden wolle, so fragt man wohl mit Recht, welches
Gebiet er derselben denn eigentlich noch offen lässt? Eine Verurtheilung
im Grossen und Ganzen widerstrebt seinen patriotischen Wünschen, und
vor der Kritik im Einzelnen hat er auf das Aengstlichste gewarnt!
Gerade hier war doch wohl die Erörterung einer Frage geboten, welche
zweifellos für das fernere Schicksal des ganzen Unternehmens von der ent-
scheidensten Bedeutung ist, — der Frage nämlich: „was sollnun weiter mit
dem Entwurfe geschehen ?“
Der Bundesrath hat sich die Entscheidung hierüber noch vorbehalten;
und gerade dieser Umstand bot der Kritik, welche dem Rufe vom
31. Januar 1888 folgte, die erwünschte Gelegenheit, sich hierüber vernehmen
zu lassen. Ausserdem ist die bisherige Behandlung des Entwurfes so man-
chem Tadel begegnet, dass eine genauere Prüfung der Berechtigung desselben
mindestens sehr erwünscht sein musste.
Die Antwort auf die Frage: „was weiter zu thun sei?“ lässt sich nicht
füglich ohne eine kurze Wiederholung der gesetzesgeschichtlichen Momente
finden, und desshalb mag dieselbe hier eingeschaltet werden.
Nach der Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. April 1871 unter-
lag der Gesetzgebung des Reiches nur das Öbligationenrecht, Strafrecht,
Handels- und Wechselrecht, sowie das gerichtliche Verfahren. Durch das
Gesetz vom 20. Dezember 1873 wurde diese Bestimmung durch die ander-
weitige ersetzt, dass der Reichsgesetzgebung fortan „die gemeinsame Ge-
setzgebung über das gesammte bürgerliche Recht, das Strafrecht und das
gerichtliche Verfahren“ unterliegen sollte.
Schon bei der Annahme dieses Gesetzes hatte der Bundesrath von
seinem Ausschusse für das Justizwesen Vorschläge wegen Aufstellung des
Entwurfes eines allgemeinen deutschen Gesetzbuches verlangt; und nahm be-
reits am 28. Februar 1874 die Vorschläge dieses Ausschusses an, welche
dahin lauteten: „eine Commission von fünf angesehenen deutschen Juristen
mit der Aufgabe zu betrauen, gutachtliche Vorschläge über Plan und Methode,
nach welchen bei Aufstellung des fraglichen Entwurfes zu verfahren sei, zu
machen“,