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Nach den Vorschlägen dieser sogenannten Vorcommission sollte:
I. Die Ausarbeitung des Entwurfes nicht cinem Einzelnen, sondern
einer Commission übertragen werden.
II. Der Entwurf sollte unter Berücksichtigung der geltenden Gesetz-
bücher und der von den Einzelstaaten, sowie im Auftrage des ehemaligen
deutschen Bundes über einzelne Rechtstheile ausgearbeiteten Gesetzentwürfe,
das den Gesammtzuständen des Deutschen Reiches entsprechende bürger-
liche Recht in einer den Anforderungrn der heutigen Wissenschaft gemässen
Form codificirend zusammenfassen.
III. Die Commission sollte nach einem näher angegebenen Verfahren
zunächst einen ersten Entwurf herstellen, welcher nebst Motiven veröffent-
licht und den Bundesregierungen mitgetheilt werden sollte.
IV. „Die von Seiten der Bundesregierungen und anderweitig erhobenen
Bedenken oder Abänderungsvorschläge — für welche ein angemessener Zeit-
raum zu lassen — werden — so sagte die Vorcommission — von einem,
oder mehreren sogleich nach Beendigung der ersten Lesung durch die Com-
mission ernannten Referenten zusammengestellt und geprüft. Demnächst
findet auf Vortrag des oder der ernannten Referenten und unter Berück-
sichtigung der etwa aus der Mitte der Commission selbst hervorgehenden
Abänderungsvorschläge die zweite Lesung des Gesammtentwurfes mit Ein-
schluss des Einführungsgesetzes durch die Commission statt, woran sich
dessen formelle Schlussredaction in gleicher Weise, wie bei der ersten Lesung,
anschliesst. Der so festgestellte Entwurf wird dem Bundesrath überreicht.“
In der Sitzung vom 22. Juni 1874 beschloss der Bundesrath, auf An-
trag seines Ausschusses für Justizwesen:
1) Die in dem Gutachten der Vorcommission über Plan und Methode,
welche bei der Aufstellung des Entwurfes eines bürgerlichen Gesetzbuches
zu befolgen sind, enthaltenen Ansichten und Vorschläge werden im Allge-
meinen gebilligt.
2) Die zur Entwerfung des Gesetzbuches zu berufende Commission hat
aus 11 Mitgliedern zu bestehen, welche vom Bundesrathe mit Stimmenmehr-
hei# gewählt werden. Aus der Zahl derselben wird der Vorsitzende vom
Reichskanzler ernannt.
3) Die Commission hat ihren Sitz in Berlin, wo die mit der Redaction
beauftragten Mitglieder während der Arbeit ihren ständigen Aufenthalt haben.
4) Die Commission regelt ihren Geschäftsgang; und bleibt ihr über-
lassen, die in der Anlage des Gutachtens der Vorcommission enthaltenen
Vorschläge als Anhaltspunkte zu benutzen.
Die hier erwähnte Anlage enthielt nicht nur eine nähere Begründung
der von der Vorcommission ausgegangeuen Vorschläge, sondern betonte ganz
besonders, dass die Vorcommission sich für die Collegialberathung entschieden
habe, weil gerade in einer Commission die richtige Verbindung von selb-
ständiger Einzelarbeit und zusammenfassender Gesammtarbeit geboten werde,