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Unternehmen gefährdet werden, so wird man v. LiszrT's Gegenvorschläge
nur in bescheidenen Grenzen berücksichtigen können. Schon die Vorcom-
mission wollte im Wesentlichen nur das bisherige Recht codicifiren; der
Bundesrath stimmte diesem Vorschlage zu, und die Entwurfscommission hat
sich so conservativ verhalten, dass ohne gründliche Umgestaltung des Ent-
wurfes den im Heft 5 ausgesprochenen Wünschen kaum Rechnung getragen
werden könnte.
In mehreren andern Heften, insbesondere 2, 6, 11, wird die Anfüllung
des Entwurfes mit überflüssigen Bestimmungen gerügt, und die elegantia
juris, d. h. der Aufbau des Gesetzes auf klare Grundprincipien, eine durch-
sichtige Systematik und eine möglichst einfache, scharfe und klare Formu-
lirung der einzelnen Normen vermisst (Heft 6). Nicht zum Schaden des
Gesetzes wird manche Bestimmung des Entwurfes gestrichen, manche andere
anderen Gesetzen zugewiesen werden können. In letzterer Beziehung erscheint
es namentlich wünschenswerth, dass die Grenzgebiete zwischen Privatrecht
und Civilprocess nach den Linien geschieden werden, welche FiscHEr mit
sicherer Hand im 6°" Hefte vorgezeichnet hat. Diejenigen Praktiker, welche
dermaleinst mit dem bürgerlichen Gesetzbuche ın der Hand das Recht finden
sollen, würden eine solche Grenzscheidung täglich dankbar anerkennen.
Weiter wird an verschiedenen Stellen unseres Werkes mit Recht die
Schwerfälligkeit und Unverständlichkeit der Sprache des Entwurfes getadelt.
Nicht nur dem Laien, sondern auch dem geschulten Juristen gelingt es oft
erst nach wiederholtem Durchlesen der einzelnen Paragraphen mit grosser
Mühe den Wortsinn zu erfassen. In langathmigen, schwerfälligen, ein-
geschachtelten Sätzen spürt man überall die Sprache einer Elfer-Commission
und vermisst die elegante Ausdrucksweise, welche nur die Bestellung eines
Hauptreferenten dem Gesetzbuche zu geben vermocht hätte.
Weiterhin wird mit gutem Grunde der Vorwurf erhoben, dass der
Entwurf mehr den Charakter eines Lehrbuches, als denjenigen eines Gesetz-
buches an sich trage. Nicht belehren soll der Gesetzgeber, sondern befehlen.
Kurz und bündig soll das Gesetz uns sagen, was es will; aber es verschone
uns mit dem, was der Gesetzgeber bei Gelegenheit seines Wollens gedacht
hat. Trefflich illustrirt BernHört (Heft 12) die nachtheiligen Folgen solcher
Vermengung von Rechtsregel und Rechtssatz, des Hineinbringens von juristi-
schen Constructionen in das Gesetzbuch und des für den Gesetzgeber nicht
passenden Doctrinarismus.
Wenn vielleicht auch nicht durchweg, so doch in mehr als Einem
Punkte begründet erscheint der von BEKKER (Heft 2) erhobene Vorwurf,
dass die einzelnen Vorschriften des Entwurfes nicht durchgängig auf den-
selben Grundgedanken beruhen, weil die dem Gesetzbuche als unsichtbare
Stützen und Träger dienenden Grundbegriffe, welche im Gesetzbuche nicht
definirt, ja kaum ausdrücklich erwähnt zu werden brauchen, nicht scharf genug
ausgeprägt sind. Dieser Fehler ist, wie BEKKER mit Recht betont, um so