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Bei dem ersten Theile seiner Untersuchungen (S. 116—139,
88 3, 4) wendet sich HÄneEL vornehmlich gegen GEORG MEYER.
Eine beträchtliche Zahl von Rechtslehrern, von Publicisten
wie von Oivilisten, geht von der Annahme aus, dass der Begriff
des „Rechtssatzes* eine abstracte Regelung unbestimmt vieler
Verhältnisse in sich schliesse; die Regelung eines Einzelfalles könne
nicht als Rechtssatz bezeichnet werden.
Diese Annahme wird von G. MEYER
Der Begriff des Gesetzes und die rechtliche Natur des
Staatshaushaltsetats in Grünhut’s Zeitschrift VIII
(1881) S. 1—53
für die vorliegende Frage zum Erweise des Vorhandenseins bloss
formeller Gesetze verwerthet. Denn da in der Form des Ge-
setzes zweifellos auch die Regelung bloss individueller Verhältnisse
erfolgen könne und thatsächlich vielfach erfolge, lägen in solchen
Fällen stets (fesetze vor, welche einen Rechtssatz nicht enthielten
und mithin nicht zugleich als materielle Gesetze bezeichnet werden
könnten. Der nämlichen Beweisführung, wenn auch in Verbindung
mit noch anderen Argumenten, bedient sich SELIGMANN.
SELIGMANN, Der Begriff des Gesetzes im materiellen und
formellen Sinne (1886) 8. 61 f£f.
Der Polemik Hinern’s gegen diese Auffassung muss ich mich
anschliessen, wenn auch vielfach mit abweichender Begründung.
Bei Prüfung dieser Frage wird der Begriff des objectiven
Rechtes berührt werden müssen. Ich bemerke im Voraus, dass
ich nur vom staatlichen Rechte reden werde, nicht also von dem
Rechte, das sich in anderen menschlichen Gemeinschaften bildet —
und weiter auch nur von dem durch staatliche Organe gesetzten
Rechte, demnach mit Ausschluss des auf Gewohnheit sich grün-
denden Rechtes.
Die Frage, ob alles Recht imperativer Natur sei — eine
Frage, die ich heute wie früher bejahe — muss hier auf sich
beruhen. Es genügt für meinen Zweck zu constatiren, dass zu
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