Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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jeder Zeit von allen Schriftstellern, die sich über „Gesetz“ und 
„Recht“ geäussert haben, ein Gebieten und Verbieten als vor- 
nehmlichster Inhalt genannt worden ist. Die legis virtus soll 
sich und zwar an erster Stelle im imperare vetare bewähren: ob an 
einziger Stelle, steht, wie bemerkt, hier nicht in Frage. Wo immer 
ein neuer staatlicher Befehl auftritt, wo staatlicherseits etwas ge- 
boten wird, was früher nicht geboten war, wo verboten wird, 
was vordem erlaubt war, haben wir die Neubildung objectiven 
Rechtes vor uns. Zu der Summe staatlichen Rechtes gehören 
jedenfalls sämmtliche staatliche Imperative. Sie sind gemeint, 
wenn des Ferneren von „Normen“ gesprochen werden wird. Ab- 
stracte Norm soll als abstracter Befehl, Individualnorm als indi- 
vidueller Befehl verstanden werden; Gebot und Verbot bilden bei 
beiden Arten von Normen wieder je eine Unterart. 
Sollte nun eine Rechtsbildung nur erfolgen können durch 
eine abstracte Norm, welche für eine unbestimmte Anzahl von 
Fällen Geltung beansprucht, nicht aber durch eine Individualnorm, 
welche nur einen Einzelfall (oder eine bestimmte Anzahl einzelner 
Fälle) zu regeln unternimmt? „Verfügungen“ werden letztere von 
MEYER genannt und wenn in den Formen des Gesetzes erlassen 
als Verfügungen in Gesetzesform und sonach als bloss formelle 
Gesetze den Gesetzen im materiellen Sinne gegenübergestellt. 
Ueber die terminologische Frage gedenke ich nicht zu streiten. 
In der That weisen die abstracten Normen gegenüber den Indi- 
vidualnormen in vielfacher Beziehung Unterschiede auf — und 
überdies sind sie mit der Zeit an Zahl und Bedeutung den letzteren 
gegenüber so übermächtig geworden, dass eine besondere Bezeich- 
nung für jede dieser beiden, für das heutige Leben an Werth so 
ungleichen Gruppen sich empfiehlt. Auch will ich von vorn herein 
zugeben, dass — wie der Ausdruck „Gesetz“ — so auch das 
Wort „Rechtssatz“, da es von einem Setzen des Rechtes ge- 
nommen ist, sprachlich auf das Stetige, Bleibende, Fortwirkende 
der abstracten Norm hinweist, im Gegensatze zu dem Vergänglichen,
	        
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