— 17 —
stens die theoretischen Constructionen der römischen Autoren
nicht mehr als bindend erkennt.
Unter diesen Umständen lässt sich also die Frage durch
Bezugnahme auf römische Quellenstellen nicht lösen. Wohl aber
kann man von einer anderen Seite aus den Gesichtspunkt erfassen,
unter welchem die Römer dieselbe aufgefasst haben müssen. Die
Einrichtungen der römischen Staats -Verfassung und -Verwaltung
zeigen nämlich, dass den Römern „das Amt nicht als abstracte
Institution erscheint, von dem Beamten geschieden, sondern in
ihm verkörpert“ °), sie haben „keine personificirte oder irgendwie
verselbständigte dignitas“ °%*).
Von diesem Grundsatz macht allerdings das Princip der
materiellen Rechtskraft auf dem Gebiete des Privatrechtes schein-
bar eine Ausnahme; allein, ganz abgesehen davon, dass sich dies
Princip auf das Privatrecht beschränkt, ist es bekannt, dass das-
selbe nicht auf die Identität des richterlichen Amtes gegründet,
sondern auf eine uns ziemlich fernliegende Art, durch die Quasi-
Contracts-Natur der Litis-Contestation erklärt wurde. Trotzdem
nun konnte zu Zeiten der kaiserlich-bureaukratischen Verfassung
und Verwaltung die über dem Wechsel der aufeinanderfolgenden
Inhaber eines Einzelamtes oder der Mehrheit der eine Amts-
körperschaft, ein „collegium“, bildenden Beamten bestehende
Willenseinheit im Amte nicht verborgen bleiben und darauf
beziehen sich die oben angeführten Quellenstellen.
Der eine Theil der oben angeführten Autoren betrachtete
nun mit dieser Erkenntniss die Frage, ob im Amte eine selb-
ständige juristische Person zu erblicken sei aus begreiflichen, aber,
wie unten ausgeführt werden soll, durchaus nicht zu rechtfertigen-
den Gründen als beantwortet.
Andere aber — und von diesem Gesichtspunkte aus ent-
wickelte sich die Opposition gegen die HEısE-MÜHLENBRUCH’sche
mm mn
°®) MomnsEn, Röm. St.-R. I. S. 67. — °*) GIERKE a. a. O. II S. 51.