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lica“, von der schon in uralter Zeit gesagt worden war, dass sie
nicht sterbe, später das Archidiakonat, das Pfarramt, ja endlich
alle geistlichen Aemter, und nicht nur diese, sondern auch die welt-
lichen Aemter, die „dignitas saecularis“, als welche die „mo-
narchia“, der „comitatus“, das „imperium“ angeführt wurden. Und
schon damals entstand die Frage, die wir hier aufrollen werden,
wie sich denn diese Vielheit der Rechtssubjecte mit der stets fest-
gehaltenen Einheit der Persönlichkeit der Gesammtkirche, bezw.
der Einzelkirche, um deren Prälatur, Domkapitel u. s. w. es sich
handelt, vereinigen lasse, wie es möglich sei, dass die „Kirche“
ein Rechtssubject, eine juristische Person bilden und doch aus
einer Mehrheit von solchen bestehen könne? Der grosse Jurist,
SINIBALDUS FLiscus, der als InnocEnz IV. den päpstlichen Stuhl
bestieg, wirft das Problem bereits ganz bestimmt auf, indem er
frägt, in wessen Namen denn die Oleriker klagen, die „pro prae-
bendis suis possunt agere et conveniri?“ Er antwortet: sie klagen
namens der Präbende selbst; denn nach aussen zwar klage der
Cleriker besser „nomine ecclesiae*; bei einem Rechtsstreit aber
mit anderen Canonikern oder sonstigen Personen, welche Besitz
und Rechte im Namen derselben domina für sich behaupten, wie
könne da nomine ecclesiae geklagt werden, da doch diese „ipsa
possideat aequaliter omnes praebendas“ und die „ecclesia“ daher
vom Ausgang des Streites weder einen Vortheil noch einen Nach-
theil erwarten könne? Nach aussen also wird die specielle Kirchen-
persönlichkeit durch die jedesmalige allgemeinere und somit jede
zuletzt durch die Gesammtkirche gedeckt und vertreten, wesshalb
denn auch InnocEnz consequent zwei oder mehr Rechtssubjecte
für dasselbe Amt und Kirchengut annahm: die Gesammtkirche
und die specielle Kirche. Diese Lösung der Frage blieb für die '
späteren Oanonisten, JOH. ANDREAE, BALDUS und wie sie heissen
mögen, massgebend. Ebenso blieb schon wegen der fortdauernden
Verbindung von Vermögen mit jedem kirchlichen Amte die ju-
ristische Persönlichkeit des letzteren unbezweifelt.