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des Fürsten erklären, — eine Auffassung, die neuestens, wenn
auch in veränderter Formulirung, wieder auflebt in den Schriften
Max SEYDEL’s®®) und ©. BoORNHAR’s®?), welche den Staat als eine
blosse „Thatsache“, nicht als Rechtssubject, sondern ausschliess-
lich als Object der Herrschaft des Monarchen angesehen wissen
wollen 9.
Indess erwuchs dem Bestreben, den Begriff der juristischen
Person als einen allgemeinen Rechtsbegriff auch im öffentlichen
Rechte zu verwerthen, noch von einer anderen literarischen Richtung
Opposition, nämlich von den Vertretern der sogen. organischen
Staatstheorie. Viele derselben begnügen sich mit der Erkenntniss,
dass der Staat ein „Organismus“ sei und glauben damit nicht
nur alles für die wissenschaftliche Erkenntniss des Staates Wesent-
liche gesagt zu haben, sondern erblicken in dieser Genügsamkeit
sogar ein Moment, durch welches die in höheren philosophischen
oder politischen Regionen schwebende „Publicistik“ sich zu ihrem
Vortheile von der niederen Jurisprudenz unterscheide.
Dadurch entstand ein Antagonismus zwischen beiden Rich-
tungen, der sich bei einigen Anhängern der organischen Theorie
dahin zuspitzte, dass sie den Begriff der juristischen Person auf
die Organismen überhaupt nicht angewendet wissen wollten. Ihre
beste Vertretung findet diese Idee in den feinsinnigen Ausführungen
FRICKEr’s®!). Auch JELLINEK hat früher”) gegen die Verwen-
8) Grundzüge einer allgemeinen Staatslehre. 1873. Bayrisches St.-R. 1884 ff.
— 8%) Preussisches St.-R. 1888. I. S. 65 ff., 131 und öfter. — °°) Der
Streit über diesen Punkt ist ein uralter. Schon die Glossatoren waren hin-
sichtlich der rechtlichen Natur der translatio imperii vom Volke auf den prin-
ceps getheilter Ansicht. Die einen fassten sie als eine Veräusserung auf,
die nicht rückgängig zu machen sei, die anderen als eine blosse „concessio“
des populus, durch welche nur ein Amt und ein usus übertragen worden sei.
Vgl. GIERKE a. a, OÖ. IH. S. 575 fl. — 9!) S. insbesondere FRIcKER’s Auf-
satz: „Ueber die Persönlichkeit des Staates“ in der Tüb. Ztschr. XXV. 1869.
S. 29 ff. — °?) Die Lehre von den Staatenverbindungen 1882. S. 179, 180.
In seinem neuesten Werke, Gesetz und Verordnung 1887, hat jedoch JELLINEK
die Auffassung des Staates als Persönlichkeit bedingungslos acceptirt. Vgl.