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zu werden, dass damit, dass irgendwo eine juristische Persönlich-
keit constatirt wird, nicht das geringste über den Inhalt der Rechte
ausgesagt ist, zu denen dieselbe fähig sein soll. Schon GERBER
hat diesen Gedanken angedeutet), und neuestens hat ihn schärf-
stens präcisirt HÄneL!°"), indem er sagt: „Die juristische Person
zieht sich als eine einheitliche rechtliche Kategorie durch alle
unterschiedenen Theile der Rechtsordnung hindurch. Sie bestimmt
die ihr entsprechenden Lebenserscheinungen sowohl im Gebiete
des Privatrechtes wie des öffentlichen Rechtes. Die Kategorie
der juristischen Person sagt absolut nichts Anderes aus, als dass
die darunter fallende Gemeinschaft ein von ihren Mitgliedern ver-
schiedener willens- und handlungsfähiger Träger von Rechten und
Pflichten ist. Sie sagt absolut nichts aus über die Natur dieser
Rechte und Pflichten — und Lasann !®): „Der Rechtsbegriff
der Person besteht einzig und allein in der Rechtsfähigkeit; die
Person im Rechtssinne hat keine anderen Eigenschaften als die eine,
die ihr ganzes Wesen ausmacht, nämlich Rechtssubject zu sein.“
Soweit also das Recht reicht, zu dem man fähig ist, soweit
ist man „Person“, und bei einem Verbande reicht die juristische
Persönlichkeit gerade soweit als ihm Fähigkeit zu Rechten von
der Rechtsordnung eingeräumt ist; die juristische Persönlichkeit
kann sich auf Vermögensrechte, sie kann sich aber auch auf
öffentliche Rechte 19°), sie kann sich auf einige Vermögensrechte,
auf einige öffentliche Rechte beschränken, sie kann sich aber auf
alle erstrecken. Ob das Substrat derselben ein Mensch ist oder
eine Mehrheit von solchen, ist ganz gleichgiltig; denn, wie JELLI-
NEK!P®) trefiend bemerkt, „Person ist kein Naturwesen, sondern
100) A. a. O0. 3. Aufl. S.2. — °!) Studien zum deutschen R.-St.-R. I.
1873. S. 60. — 12) Deutsches St.-R. 2. Aufl. I. 8.78. Ihm folgend Preuss
a.a. OÖ. S. 152. Aehnlich v. HoLTZEnDorRFF, Handb. des Völker-R.s I.
S. 5 und van Kriıeren in Grünhut’s Ztschr. X. 1882. S. 57. — 1022) So
sind beispielsweise nach französischem Rechte die Religionsgesellschaften zwar
mit Öffentlichen Rechten ausgestattet, aber nicht vermögenstähig. — !%) Ge-
setz und Verordnung S. 193.