Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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leiten, dass unsere Schriftsteller zu ausschliesslich das indivi- 
dualrechtliche Gebiet betrachten. Die Bestimmung der Begriffe 
Recht und Rechtssubject muss sich, soll sie eine richtige sein, 
auf dem Gebiete des öffentlichen Rechtes, für dessen Behandlung 
sie die Grundlage aller wissenschaftlichen Betrachtung bildet, 
ebenso bewähren, wie im Privatrechte. Prüfen wir also zunächst, 
wie sich das noch immer als die herrschende Auffassung zu be- 
zeichnende Willensdogma im Verbandsrechte bewährt. 
86. Absurde Consequenzen des Willensdogmas im 
Verbandsrechte. 
Nirgends zeigt sich jedoch die Unmöglichkeit, den Begriff 
des Rechtssubjectes auf der Grundlage des Willensdogmas zu 
verstehen, deutlicher als bei Betrachtung des Verbandsrechtes. 
Es lassen sich da zwei Gruppen von Erscheinungen unter- 
scheiden, welche das Willensdogma ad absurdum führen. 
Die eine ergibt sich aus folgender Erwägung. 
Wäre wirklich, wie es das herrschende Dogma will, das 
Subject eines „rechtlich relevanten Willens“ das Rechtssubject, 
so liesse sich die Oonsequenz unmöglich abweisen, dass jene 
Menschen, welche als Organe eines Gemeinwesens durch ihre 
Willensthätigkeit zugleich dessen Willen erzeugen, die Subjecte 
der Rechte des Gemeinwesens wären. Denn, mögen auch die 
Normen der Verfassung dieses letzteren die rechtliche Wirkung 
haben, dass der Organwille den des Gremeinwesens darstellt, so 
lässt sich doch die Thatsache nicht hinwegleugnen, dass der 
psychische Process, welchen wir „Wille“ nennen, in den Köpfen 
von Menschen vor sich gehen muss; Rechtsnormen mögen die 
rechtlichen Wirkungen dieses Processes wie immer dirigiren; 
denken, wollen, fühlen, handeln kann nur der Mensch. So be- 
rechtigt es ist, auf Grund der Verfassungsnormen des Gemein- 
wesens das Gemeinwesen als denkend, handelnd, wollend, 
fühlend zu betrachten, wenn es sich um die rechtlichen
	        
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