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zwischen den stationes fisci gleichfalls einen evidenten Beweis.
Dieser Rechtssatz, den ich nirgends befriedigend erklärt finde,
basirt zweifellos auf dem Principe der Selbständigkeit der
Willensaction der einzelnen staatlichen Organe; der Wille des
einen Organes, dass eine Partei so und so viel zu zahlen habe, soll
nicht durch eine Willensaction einer anderen Behörde durchkreuzt
werden, kraft deren die Partei Gläubigerin des Staates wurde.
Ebenso unvereinbar mit dem Willensdogma ist die Thatsache, dass
der Staat nicht zu Handen eines beliebigen Organes geklagt werden
darf, sondern nur die betreffenden Ressortbehörden zur Vertretung
ddes Staates passiv legitimirt sind.
Die Anhänger des Willensdogmas sind, wenn sie nicht in
evidente Widersprüche gerathen wollen, gezwungen zuzugeben, dass
die Persönlichkeit des Gemeinwesens aus so viel Personen besteht,
als es Organe hat. Man braucht bei diesem Satze nur einen Augen-
blick still zu halten und zu erwägen, welche ungeheure Gefahr
für die Existenz eines jeden Gemeinwesens er in sich bergen
würde, wenn die Praxis der Theorie folgen würde. Denn wo
wäre das einheitliche Band, das diese verschiedenen Willen, die
möglicher, ja wahrscheinlicher Weise in Conflict gerathen werden,
zusammenhält ?
Die Vertheilung der staatlichen Competenzen an verschiedene
von einander unabhängige Organe oder Organgruppen mag aller-
dings nichts weniger als der Gipfelpunkt staatsmännischer Weis-
heit sein, weil ja die Conflicte nicht ausbleiben können, wie dies
längst von den Anhängern der patrimonialen Ideen, so von
HALLER!*), MAURENBRECHER!??T) bemerkt worden war und in
neuerer Zeit seit R. v. MonuL!*®) ziemlich allgemein anerkannt
wird. Allein wenigstens ist der Staat damit noch nicht in mehrere
Rechtssubjecte zerspalten. Wenn die naturrechtlichen Autoren
146) A.a. 0.1.8. 35; II. 8. 25 ff. — !*”) Grundzüge des h. St.-R.’s 1837.
S.53.— 14°) Geschichte und Literatur der Staatswissenschaften I. 1855. 8.277 ff. —