Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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oder durch Anerkennung diesfälliger Statuten eine Willens- 
einigung auch dem Widerstrebenden gegenüber aner- 
kannt wird. GIERKE behauptet, dass dem Grundprincipe der 
römischen Persönlichkeit eine derartige Willensbindung ausserhalb 
der universitas fremd gewesen sei !?®); mögen auch Brınz’ Ein- 
wendungen hiergegen !?!) wenig stichhaltig sein, so sind doch schon 
im römischen Rechte zwei Fälle dieser Art normirt: die bindende 
Kraft des Mehrheitsbeschlusses der Gläubigerschaft bei Gewährung 
eines Moratoriums, ferner bei Verwaltung der, Üoncursmasse und 
Wahl des Verwalters 1%). Das deutsche Recht aber besitzt der- 
artiger Gremeinschaftsformen eine sehr grosse Zahl. Man hat in 
neuerer Zeit begonnen, denselben eine besondere Aufmerksamkeit 
zu schenken und sie treffend als Gesellschaften oder Gemein- 
schaften mit „formeller* oder „collectiver Einheit“ bezeichnet !°®). 
In der That liegt hier eine Einigung einer Vielheit von Willen 
vor, vermöge deren ein Wille rechtlich den der (Gemeinschaft 
oder Gesellschaft darstellt. 
Es sind dies die zahlreichen Gemeinschaftsverhältnisse „zur 
gesammten Hand“ im Obligationen- und Sachenrechte, die Gesammt- 
belehnung, die bäuerlichen und adeligen Ganerbschaften und Erb- 
verbrüderungen, die eheliche Gütergemeinschaft, die römische 
societas in ihren deutschrechtlichen Modificationen als „Gesell- 
schaft“, insbesondere in den mannigfachen Formen der Handels- 
S. 213, 216; GIERKE, Gen.-Theorie S. 344. — !®) A. a. O0. III. S. 34 ft., 
insbes. S. 39 und 40, ferner II. S. 28 und 928. — 181) A.a. O0. S. 469 und 
470. Sicherlich begründet das „jus prohibendi“ des Miteigenthümers oder 
Mitinhabers einer untheilbaren Forderung, welches das röm. Recht in ge- 
wissen Fällen anerkennt, keine Verbandseinheit, wie Brınz a. a. O. behauptet, 
sondern das gerade Gegentheil. Ja, „man könnte sich kaum noch etwas 
denken, was über das bei der communio der Freiheit des Einzelnen ge- 
währte Mass hinausginge, ohne die communio selbst unmöglich zu machen“ 
(Heuster, Inst. I. S. 249), — '%®) L. 2. pr. und L. 5. D. de cur. bon. d. 
42. 7; L. 15. D. de reb auct. 42. 5; L. 8. C. qui bon. ced. 7. 71. — !®) Zu- 
erst wurde dieser Ausdruck gewählt von JoLLyY in der Ztschr. für D. R. XI.
	        
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