— 232 —
aber eine Einheit des ausserhalb des Verbandes liegenden Zweckes
oder der Zwecke, welche durch jene Willen realisirt werden,
vor uns; Zwecksubject bleibt das Gemeinwesen.
8 8. Verwerthung des Zweckmoments im Begriff des
Rechtssubjectes.
So hätten wir denn zwei Gruppen von Erscheinungen be-
trachtet, welche in einer, wie mich dünkt, unwiderleglichen Weise
die Unhaltbarkeit des Willensdogmas beweisen. Denn die eine
zeigt uns eine Vielheit von Willenssubjecten und trotzdem eine
Einheit des Rechtssubjectes, die andere eine Einheit des Willens-
subjectes und trotzdem eine Vielheit von Rechtssubjecten oder
gar ein Fehlen desselben innerhalb des Verbandes; hier muss die
Willenstheorie eine Einheit, dort eine Vielheit der Rechtssubjecte
behaupten, soll sie mit sich selbst nicht in Conflict gerathen ; thut sie
es nicht, so geräth sie mit dem Sprachgebrauch und unzweideutigen
Erscheinungen des Rechtslebens so sehr in Widerspruch, dass
ihre Anhänger in neuerer Zeit durchweg das Erstere vorziehen.
Als Begriffsmerkmal des Rechtes und des Rechtssubjectes
müssen wir daher das Zweckmoment anerkennen, wenn auch
nicht in der Formulirung, die ihm IHERING und BEKKER gegeben
haben.
Man hat sich dabei vor allem darüber klar zu sein, dass
Wille und Zweck nicht zwei sich fremd gegenüber stehende Phä-
nomene sind, sondern dass der „Zweck“ selbst eine Aeusserung
desjenigen psychischen Processes ist, welchen man als „Willen“
zu bezeichnen gewohnt ist. Auch der „Zweck“ muss „gewollt“
sein oder gewollt gewesen sein und was ihn vom Willen unter-
scheidet, das ist nur die relativ grössere Nähe der durch seine
Erfüllung bewirkten psychischen Befriedigung gegenüber dem Zu-
stande der Wunschlosigkeit. M. a. W.: das als „Willen“ be-
zeichnete Phänomen ist ein Mittel zur Erreichung des Zweckes
und es kann jedes Zweckobject wieder Mittel, also Willensobject,