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Realisirung gerichteten Willensthätigkeit zu subjectiven Rechten
werden. Gewiss sind aber diese Zwecke selbst wieder Mittel für
weitere Zwecke, deren Kette sich, wie bemerkt, fortsetzt bis zur
Anstrebung eines wunschlosen Zustandes. Diese weiteren Zwecke
sind freilich vag und unbestimmt, sie sind auch ganz unberechen-
bar; „ein Recht kann heute zur Befriedigung dieses, morgen zur
Befriedigung jenes Einzelinteresses dienen, der einen Person um
desswillen, der anderen um jenes Einzelzweckes willen werthvoll
sein“°0%), Natürlich! Allein, wie Lönmne?!°) sehr treffend bemerkt,
„das Recht hat es mit diesen letzten Zwecken, die meist gar nicht
erkennbar sind, nicht zu thun, sondern es bestimmt selbst das
Glied der Kette, für welches es seine Institute bestimmt.“
Und ganz ebenso liegt die Sache bei den Speculationen über
den Staatszweck. Dieselben sind meist juristisch völlig werthlos;
denn sie verlieren sich im Nachdenken über den „letzten“
Zweck des Staates.
Nach diesem fragt der Jurist aber gar nicht; die Staats-
zwecke, welche die Basis der Persönlichkeit des Staates abgeben,
sind vielmehr alle jene Zwecke, welche durch staatliche Normen
als die zu verfolgenden Ziele der staatlichen Thätigkeit ausgedrückt
sind, decken sich also genau mit der Competenz ihrer höchsten
und unabhängigen Willensträger und sind Bestandtheil der Rechts-
ordnung des Staates geworden, indem derselbe seine Competenz
zur Befriedigung der betreffenden Gesammtinteressen in Anspruch
nimmt. Jene „letzten“ Zwecke des Staates sind nichts anderes
als Regeln der Staatskunst oder „Politik“, die für die Absteckung
dieses Gebietes bestimmend sein und die Gesetzgebung hierbei
beeinflussen sollen; die Staatszwecke hingegen, welche das Substrat
seiner Persönlichkeit bilden, müssen schon in der Rechtsordnung
des Staates ihren Ausdruck und somit auch ihre Begrenzung ge-
funden haben.
209%) Rosın a. a. O. S, 24. — 219) A. a. O, S, 564.