Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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die Stelle des Willens des Rechtssubjectes treten entweder durch 
die Willkür des letzteren oder aber durch den Willen der Rechts- 
ordnung, was jedoch nach heutigen Begriffen nur zulässig ist, 
wenn eine derartige gesetzliche Vertretung zugleich als ein öffent- 
liches Interesse empfunden wird. In diesem Falle ist daher der 
Vertreter zugleich Organ des Gremeinwesens, das ihn berufen hat; 
der Vormund, Curator, Regent u. s. w. haben ein „Amt“ inne 
und sind zugleich Stellvertreter. 
Das zweite und complicirtere Phänomen, das zu einer genauen 
Untersuchung des Begriffs des Rechtssubjectes drängt, ist die 
sogen. juristische Person. 
Auch hier ist, wie bei der Stellvertretung, der Zweck, der vom 
Willen realisirt wird, ein dem Subject dieses letzteren fremder. 
Wegen dieser Aehnlichkeit werden ganz gewöhnlich beide Rechts- 
institute identificirt und der tiefe Unterschied übersehen, welcher 
zwischen der Vertretung seitens eines Bevollmächtigten und seitens 
eines die Zwecke einer juristischen Person verwirklichenden Willens 
besteht. Dieser Unterschied liegt im Zwecksubject. Bei der Stell- 
vertretung ist die Verbindung beider eine äusserliche, indem durch 
einen willkürlichen Act, sei es des Vertretenen selbst, sei es der 
herrschenden Rechtsordnung eine gewisse, mehr oder minder be- 
grenzte Gruppe von Interessen dem Willen des Vertreters zur 
Realisirung überlassen wird, so dass neben und ausserhalb des 
Willenssubjectes die Persönlichkeit des Vertretenen bestehen bleibt 
und deren psychische und physische Thätigkeit in mannigfachen 
Beziehungen von rechtlicher Bedeutung werden kann. 
Die Zwecke einer juristischen Person sind dagegen von vorne- 
herein beschränkt und es gibt hier neben dem zu ihrer Verwirk- 
lichung bestimmten Willen kein Subject einer Thätigkeit, die recht- 
lich bedeutend werden könnte. Desshalb ist die rechtliche Macht 
des Vertreters hier eine bedeutend umfangreichere, als bei der 
Stellvertretung, indem seine Thätigkeit in aller und jeder Be- 
ziehung die des Rechtssubjectes darstellt, nicht nur hinsichtlich der
	        
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