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die Stelle des Willens des Rechtssubjectes treten entweder durch
die Willkür des letzteren oder aber durch den Willen der Rechts-
ordnung, was jedoch nach heutigen Begriffen nur zulässig ist,
wenn eine derartige gesetzliche Vertretung zugleich als ein öffent-
liches Interesse empfunden wird. In diesem Falle ist daher der
Vertreter zugleich Organ des Gremeinwesens, das ihn berufen hat;
der Vormund, Curator, Regent u. s. w. haben ein „Amt“ inne
und sind zugleich Stellvertreter.
Das zweite und complicirtere Phänomen, das zu einer genauen
Untersuchung des Begriffs des Rechtssubjectes drängt, ist die
sogen. juristische Person.
Auch hier ist, wie bei der Stellvertretung, der Zweck, der vom
Willen realisirt wird, ein dem Subject dieses letzteren fremder.
Wegen dieser Aehnlichkeit werden ganz gewöhnlich beide Rechts-
institute identificirt und der tiefe Unterschied übersehen, welcher
zwischen der Vertretung seitens eines Bevollmächtigten und seitens
eines die Zwecke einer juristischen Person verwirklichenden Willens
besteht. Dieser Unterschied liegt im Zwecksubject. Bei der Stell-
vertretung ist die Verbindung beider eine äusserliche, indem durch
einen willkürlichen Act, sei es des Vertretenen selbst, sei es der
herrschenden Rechtsordnung eine gewisse, mehr oder minder be-
grenzte Gruppe von Interessen dem Willen des Vertreters zur
Realisirung überlassen wird, so dass neben und ausserhalb des
Willenssubjectes die Persönlichkeit des Vertretenen bestehen bleibt
und deren psychische und physische Thätigkeit in mannigfachen
Beziehungen von rechtlicher Bedeutung werden kann.
Die Zwecke einer juristischen Person sind dagegen von vorne-
herein beschränkt und es gibt hier neben dem zu ihrer Verwirk-
lichung bestimmten Willen kein Subject einer Thätigkeit, die recht-
lich bedeutend werden könnte. Desshalb ist die rechtliche Macht
des Vertreters hier eine bedeutend umfangreichere, als bei der
Stellvertretung, indem seine Thätigkeit in aller und jeder Be-
ziehung die des Rechtssubjectes darstellt, nicht nur hinsichtlich der