Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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Willens darf andererseits auch nicht behufs Realisirung der eigenen 
Interessen des Subjectes desselben ausgeübt werden, sondern sie 
ist nur ein Mittel zur Aufrechthaltung des Gesammtzweckes 
und daher begrenzt durch diesen. 
Ein derartiger menschlicher Verband, der einen Gesammt- 
zweck durch das Mittel der Willenseinigung verfolgt, ist ein Ge- 
meinwesen. 
Das Gemeinwesen steht also gewissermassen mitten inne 
zwischen zwei Extremen, deren eines ein Verband ist, welcher 
die Befriedigung der Interessen des herrschenden Willens bezweckt, 
während das andere die Befriedigung der Zwecke der Ge- 
nossen zum Ziel hat. Im ersten Fall gehen die Zwecke des 
Einzelnen in denen ihres Herrn auf; der Typus dieser Form ist 
der römische pater familias oder ein Verband von Sklaven, die 
dadurch geeint sind, dass sie einem Herrn dienen. Der Sklave 
ist nicht Selbstzweck, sondern er ist, wie die Sache oder das 
Thier, nur um des Herrn willen da, er dient einem fremden 
Zwecke, der nicht zugleich seine eigenen Durchschnittsinteressen 
realisirt. Einen solchen Verband ein Gemeinwesen zu nennen 
hat keinen Sinn, denn das wesentliche Element, der Zweck, hat 
hier einen eigenen Träger, den Herrn; ein Gesammtzweck 
existirt nicht. 
Das andere Extrem ist jener Verband, der nur behufs Ver- 
wirklichung der Interessen der Genossen gebildet wird, der Typus 
der „Gesellschaft“. 
Hier sind nur die Zwecke der Genossen Veranlassung der 
Verbindung, nicht ein von ihnen verschiedener, möglicherweise in 
Widerstreit mit ihnen gerathender Gesammtzweck. Auch dann, 
wenn hier eine Willensbindung behufs Erzeugung eines einheit- 
lichen Gesammtwillens besteht, kann ein solcher von den Gesell- 
schaftern nur als relativ besseres Mittel zur Befriedigung der 
eigenen Interessen der Genossen gewählt werden; es können dann 
zwar die Willen, nicht aber die Zwecke in Conflict mit einander
	        
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