Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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Auffassung in einer Recension des Maurenbrecher’schen Staats- 
rechtes in classischer Weise formulirt, so dass dieselbe seither die 
Grundlage der staatsrechtlichen Wissenschaft geblieben ist. 
Dieser literarischen Bewegung entsprechend ist die Idee der 
staatlichen Persönlichkeit hinsichtlich vereinzelter Punkte, wie der 
bindenden Kraft der Regierungsacte der Vorgänger des Monarchen, 
schon in der absolutistisch regierten Monarchie zum Durchbruch 
gelangt; in der constitutionellen Monarchie kann die rechtliche 
Ausprägung der staatlichen Persönlichkeit nur Derjenige ver- 
kennen, der sich absichtlich die Augen verschliesst. 
Es gab jedoch und gibt Verbände, bei denen dieser Process 
nicht klar zu Ende gediehen ist. Die Bildung eines Gesammt- 
zweckes ist ein intern-psychologischer Vorgang dessen Dunkel- 
heiten dadurch natürlich potenzirt werden, dass er sich schliesslich 
in einem Gedankengang (der „Anerkennung“) einer unbestimmten 
Vielheit von Menschen verliert?®). Liegt eine ausdrückliche 
Vereinbarung vor, dann ist die Sache freilich manchmal klar; 
anders aber wenn eine solche fehlt. Dann einen Vertrag, einen 
contractus socialis zu fingiren, ist zwar bequem; es kann aber 
natürlich das Unwahre nicht dadurch wahr gemacht werden, dass 
cs in spielender Weise als wahr angenommen wird. Vielmehr lässt 
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die Summe individueller Interessen des Herrschers und der Unterthanen, 
sondern ein höheres, allgemeines Gesammtinteresse bilden, von wo aus 
erst mittelbar jenen Nahrung, Förderung, Richtung zu Theil wird. Somit 
zerlegt sich das Leben des Einzelnen (Herrschers und Unterthanen) in zwei 
Partien, die eine, in der er um jenes Allgemeinen willen, im Namen und 
Dienste des Staates, als Haupt und Glied desselben, berechtigt oder ver- 
pflichtet ist, die andere in der er, als selbständiges Individuum, um seiner 
selbst willen Rechte oder um eines Anderen willen Verpflichtungen hat. 
Indem wir somit in Beziehung auf das erste Gebiet dem Individuum alle 
selbständige juristische Persönlichkeit (das um seiner selbst willen Berechtigt- 
Sein) absprechen, werden wir nothwendig dahin geführt, die Persönlichkeit, 
die in diesem Gebiete herrscht, handelt, Rechte hat, dem Staate selbst zu- 
zuschreiben, diesen daher alsjuristische Person zu denken.“ Besseres 
ist über die Natur des Gemeinwesens und des Staates insbesondere nie ge- 
schrieben worden. — ?®*) Vgl. Bırrıme, Kritik der jur. Grundbegriffe T. 
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