Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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alleinige Erzeuger des staatlichen Willens ist ?°'). Nur die Erkennt- 
niss, dass ein Gesammtzweck trotz seiner Octroirung und trotz 
der Octroirung des zu seiner Realisirung bestimmten Willens die 
Grundlage der Verfassung eines Gemeinwesens sein kann, macht 
es möglich in dem anstaltlichen Typus die Basis für eine mit dem 
Subject des herrschenden Willens nicht zusammenfallende Persön- 
lichkeit des Gremeinwesens zu erblicken. 
Die Normen für die Bildung des Gesammtwillens, der 
die Zwecke eines Verbandes zu realisiren hat, sind für die Sub- 
sumtion eines concreten Verbandes unter die angegebenen Typen 
von nebensächlicher Natur; wenngleich die Normen, welche die 
Bildung eines einheitlichen Verbandswillens ermöglichen, die 
genossenschaftliche, bezw. anstaltliche Tendenz sicherstellen und 
22!) Gleichwohl hat SEypEtL (Grundzüge einer allg. Staatslehre) auch für den 
modernen Staat die HaALLer’schen Ideen wieder aufgenommen und ist so der 
erste Repräsentant der heutigen „soliden Wissenschaft“ geworden, deren 
Entstehen HALLER (Restauration I. S. 36) in prophetischem Geiste geahnt 
hat. Der Widerspruch, in den SEYDEL verfällt, ist derselbe, der schon bei 
MAURENBRECHER zu bemerken ist (man vgl. dessen Werk „Die deutschen 
Fürsten ete.* S. 169 ff. mit S. 322 ff.). Er erklärt, dass „der staatsbeherr- 
schende Wille kein egoistischer sei, der Herrscher nicht individuelle Inter- 
essen, sondern die Gesammtinteressen zu wahren habe* (Grundzüge 8. 8), 
meint aber diese Schranke sei keine rechtliche, sondern „eine natürliche, 
d, h. aus der Natur der Herrschaft selbst abgeleitete“. Dieser Satz aber 
(der aus HarLer’s Restauration stammt, vgl. das. I. S. 516) widerspricht 
jenem ersteren; denn wenn eine Herrschaft so weit reicht, dass sie nur durch 
natürliche Grenzen beschränkt ist, so wird sich der Herr zur Rücksicht- 
nahme auf andere als egoistische Zwecke nicht bestimmen lassen. Wenn 
der Herr alles darf, was er kann, so wird die Annahme eines Gesammt- 
zweckes eine Fiktion. Neuestens hat übrigens C. BoRNHAK SEYDEL noch über- 
boten. Man könnte ihn das enfant terrible der patrimonialen Staatsidee 
nennen. In seinem Preussischen Staatsrecht (1888 I. S. 65, 66) sagt derselbe. 
„Staat und Herrscher sind identische Begriffe. Den einzig richtigen Aus- 
druck hat Ludwig XIV. diesem monarchischen Princip gegeben in seinem 
viel verkannten (!) Ausspruch: L’ötat c’est moi. Der Herrscher ist nicht 
Träger der Staatspersönlichkeit, sondern mit ihr identisch; nur die Iden- 
tificirung von Staat und Herrscher enthält die logische (!!) 
Rechtfertigung des Staates.“ Besonders für Republiken einleuchtend. —
	        
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