— 264 —
das Kriterium für die juristische Persönlichkeit einer öffentlichen
Anstalt und insbesondere der verschiedenen „Fonds“ abgibt, an
welchen unsere öffentlichen Haushalte so reich sind ?°5). Nicht jede
Widmung irgend eines Vermögenscomplexes, eines „Fonds“ zu
einem bestimmten Zwecke seitens des Staates oder eines anderen
Gemeinwesens schafft aus diesem eine juristische Person, mag
auch eine bestimmte Widmung desselben durch Rechtsnormen
geboten sein. So lange dieser Zweck als mit dem des betreffenden
Gemeinwesens zusammenfallend behandelt wird, liegt genau das-
selbe Verhältniss vor, wie wenn ein Einzelner einen Theil seines
Vermögens zu diesem oder jenem Zwecke widmet. Wie dieser
durch eine solche „Zwecksatzung“ noch keine Stiftung creirt,
sondern Eigenthümer des Vermögens bleibt, so ist auch dort das
Gemeinwesen Eigenthümer solcher „Fonds“ geblieben. Erst wenn
dieser Zweck als ein dem Zweck des Gemeinwesens gegenüber
selbständiger abgezweigt, ein eigener Willensträger berufen wird
zur Realisirung desselben, liegt eine juristische Person vor.
Freilich sind bei anstaltlichen Gebilden dieser Art mannigfache
Uebergänge zu dem der Behörde möglich, wenn und je mehr
jener vom staatlichen Willen abgezweigte Anstaltswille von ersterem
beeinflusst werden kann, und die Anstalt wird wirklich zur Be-
hörde, wenn die Verwaltung derselben dauernd durch die staat-
lichen Behörden erfolgt. Denn es bleibt dann nur das eine
Substrat einer selbständigen Persönlichkeit übrig: der bestimmte
Zweck, dem das Vermögen gewidmet bleiben soll, und um diesen
zu verwirklichen, bedarf es nur beschränkender Normen der Rechts-
ordnung, welche den eigenen Willen des Gemeinwesens binden,
nicht aber der Annahme einer juristischen Persönlichkeit. Gleich-
wohl muss es zahlreiche Uebergangsformen zwischen der juristi-
255) Eine Literatur über diese Frage existirt nicht und in der behördlichen
und parlamentarischen Praxis herrschen die unklarsten Vorstellungen über
den rechtlichen Charakter derartiger „Fonds“. Vgl. LEMAYER in der österr.
Gerichtszeitung, 1869. S. 138. S. auch Mischer, Der öffentl. Haushalt in