Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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keit ist, zeigt ein Blick auf die langsame und stufenweise Ent- 
wickelung der Vermögensfähigkeit der juristischen Personen im 
römischen Recht, sowie die Thatsache, dass man im Mittelalter 
ganz gewöhnlich die Rechtssphäre der’ letzteren auch in das Fa- 
milienrecht hinein erstreckt hat ?*), Unzweifelhaft ist nun zwar 
mit Rücksicht auf die romanistische Doctrin damit, dass von einer 
„Person“, von „Corporationsrechten“ in einem Gesetze die Rede 
ist, oder in ähnlicher Ausdrucksweise von einem Rechtssubjekt 
gehandelt wird, zunächst die privatrechtliche Vermögensfähigkeit 
gemeint; allein es entsteht nunmehr die Frage, wie weit in das 
öffentliche Recht hinein sich diese „Persönlichkeit“ erstrecke? 
Es ist klar, dass eine derartige Frage auch in jenen Staaten 
auftauchen muss, deren Gesetzgebungen den Persönlichkeitsbegriff 
im romanistischen Sinne fixirt zu haben glauben und zwar um 
so häufiger als Gesetzgebung und Verwaltung bei den bezüglichen 
Willensakten sich der Tragweite ihrer Ausdrucksweise oft nicht 
bewusst werden. 
Die Frage, welches Maass von öffentlichen Rechten den 
juristischen Personen zukomme, ist eine uralte. Die Glossatoren 
hatten ganz allgemein den Satz aufgestellt, dass die Rechtsfähig- 
keit der juristischen Personen sich auf das ganze Vermögensrecht 
erstrecke und insbesondere auch auf die nach mittelalterlicher An- 
schauung in Vermögensrechte eingekleideten öffentlichen Rechte 
wie Vogtei, Gerichtsgewalt, Lehensherrlichkeit, Patronat u. s. w.; 
sie leiteten aber auch aus dem Wesen der Corporationen die 
Rechte der Selbstverwaltung, der Mitglieder-Aufnahme, der Vor- 
steherwahl, der Selbstbesteuerung, insbesondere aber der Autonomie 
und der Gerichtsbarkeit ab, welche diesen somit auch ohne besondere 
Verleihung zustehen sollten, — auf Grund von verschiedenen 
Quellenstellen, welche die Glossatoren in einer dem Zeitbedürfniss 
entsprechender Weise interpretirten und missverstanden ?°). Die 
264) $. Gierke III. S. 256, 291, 300. Im 15. Jahrhundert wurde beispiels- 
weise Catharina Cornaro vom Staate Venedig adoptirt. — ?%) GIERKE
	        
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