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welche umgekehrt vom Standpunkte der letzteren gegen ersier:
erhoben wurden. Vielmehr fallen im Gebiete des Verbandslebens
die Begriffe Persönlichkeit und Organismus völlig zusammen. Nur
gibt uns die Anwendung des Begriffes des Organismus die Mög-
lichkeit, in kurzer und präciser Form dem Gedanken Ausdruck
zu verleihen, der durchaus nicht mit jeder Willensherrschaft ver-
knüpft ist, dass nämlich die Herrschaft nicht zur Verwirklichung
egoistischer Interessen ihres Subjectes, sondern eines über den
Interessen aller Theile stehenden Gesammtinteresses gegeben ist ?’®).
8 15. Mehrheit von Rechtssubjecten bei Einheit des
Rechtes.
Ich möchte nunmehr noch ein höchst wichtiges und schwie-
rıges Problem behandeln, zu dessen Lösung, wie ich hier gleich
von vorneherein bemerke, die nachfolgenden Ausführungen bloss
einen schüchternen Versuch darstellen sollen. Die in $ 13 aus-
geführte Specialisirbarkeit der Zwecke erschöpft den Werth
des Zweckmomentes nicht, es tritt dazu seine Theilbarkeit, in-
dem ein und dasselbe von der Rechtsordnung als Selbstzweck
anerkannte Interesse mehrere Subjecte haben kann.
Ein Rechtsobject kann in verschiedener Weise den Zwecken
mehrerer Subjecte dienen. Die eine Art ist die, dass die Zwecke
derselben neben einander von der Rechtsordnung anerkannt sind,
dass folglich jedes innerhalb seiner so abgegrenzten Rechtssphäre
völlig nur seine eigenen Interessen befriedigen kann und darf.
Eine Willensbildung der Genossen kommt zwar auch in diesem
Falle häufig vor; aber sie dient, selbst wenn sie von höherer
”e) Wenn neuestens CO. BoRNHAK, Preuss. Staatsrecht I. S. 67 erklärt: „Die
Bezeichnung des Staates als Organismus ist für das Staatsrecht eine be-
deutungslose Phrase, die keinem anderen Zweck dient, als Gedankenarmuth
zu verbergen“, so möchte ich diese letztere eher bei Jemandem suchen, der
wie der Autor dieses Satzes vollständig unfähig ist, das Wesen jenes Begriffes
zu erfassen und es übel nimmt, dass nicht alle Anderen diese Unfähigkeit
theilen.
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