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erwähnten (remeinschaftsform wie condominium, communio, so-
cietas etc. unterscheidet sich die hier besprochene dadurch, dass
bei jener die Zwecke der einzelnen Subjecte nicht miteinander
zusammenfallen, sondern im Gegentheil concurriren. Während
also dort die Zwecke der Subjecte parallel nebeneinander laufen,
vereinigen sie sich hier, um bei diesem Bilde zu bleiben, nach
einer Spitze, welche die einzelnen dahin strebenden Linien über-
ragt. Desshalb findet man von altersher zur Bezeichnung dieses
Verhältnisses das treffende Bild des „oberen“ und „unteren“
Gemeinschafters oder Rechtssubjectes.
Kein Zweifel, dass diese Gremeinschaftsform eine weit voll-
kommenere Art der Rechtsgemeinschaft darstellt, als die Form
der communio und societas. Denn es ist hier eine Einheit der
Interessen statt der sonstigen Concurrenz derselben anerkannt.
Allein es ist selbstverständlich, dass die legislative Technik Rechts-
institute zwar schaffen, ihnen aber kein Leben einflössen kann,
wenn die realen Bedingungen derselben in den wirthschaftlichen
und culturellen Bedürfnissen nicht vorhanden sind. Auch für die
hier charakterisirte Gemeinschaftsforrm müssen die culturellen
Bedingungen gegeben sein, es müssen die thatsächlich bestehenden
Verhältnisse eine Interesseneinheit bei Theilung der Willens-
herrschaft über den Rechtsinhalt ermöglichen, die bezüglichen
Normen der Rechtsordnung müssen durch die factischen Ver-
hältnisse ausgefüllt werden können, sie müssen den Bedürfnissen
des Volkes entsprechen, widrigens ein derartiges Rechtsinstitut
abstirbt oder degenerirt. Ob es nun Lebensverhältnisse gibt,
welche die Normirung einer Interesseneinheit mehrerer Subjecte
desselben Rechtes zulassen und welche dies sind, das ist eine
Frage, die nach Zeit, Ort und Cultur verschieden beantwortet
werden muss; wir werden daher im Mittelalter andere Lebens-
verhältnisse dafür geeignet finden, als in der neuen Zeit und
manche derselben, die sich ehedem dafür eigneten, haben sich
durch die veränderten wirthschaftlichen oder politischen Zustände