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zersetzt und entweder zu der festeren Einigung eines Gemein-
wesens oder zu einer Auflösung der Gemeinschaft in unverbun-
dene Rechtskreise geführt.
Die Schwierigkeit für diese Gemeinschaftsform die passenden
Lebensverhältnisse zu finden, liegt darin, dass ein Rechtssubject
durch Verfolgung des eigenen Interesses, somit durch Ausübung
des eigenen Rechtes zugleich fremden Interessen dienen, die
Ausübung des Rechtes eines Anderen bewerkstelligen soll. Das
scheint dem egoistischen Triebe der menschlichen Natur zu wider-
sprechen. In der That sehen wir, dass diese Form nur dort
anwendbar ist, wo und so lange das egoistische Interesse des
einen aus einem tiefer liegenden Motive mit den Interessen des
anderen Gemeinschafters verknüpft ist. Und dies ist zunächst der
Fall auf dem Gebiete des Familienrechtes, wo die Rechtsordnung
caritative Empfindungen vorfindet, sie als eigene Interessen des
das Recht zunächst Ausübenden anerkennt und zur Wahrung der
Interessen des Anderen verwerthet. Hierauf basiren die „eigenen“
Rechte gewisser Personen aus dem Familienkreise auf gesetzliche
Vertretung hilfsbedürftiger oder willensunfähiger Personen: das
Recht des Vaters auf Verwaltung und eventuell Nutzniessung des
Vermögens und sonstiger Rechte seiner Kinder”?’””), das Recht
gewisser verwandter Personen auf Verwaltung der Vormundschaft,
je nach Beschaffenheit des materiellen Rechtes auch das Recht
des Ehemannes auf Verwaltung des Vermögens seiner Gattin und
Ausübung ihrer politischen Rechte?”®), woran sich das Recht
der Regentschaft schliesst.
277) Es soll hier im Vorübergehen daran erinnert werden, dass dies
Verhältniss von einigen römischen Juristen unklar durch eine „unitas per-
sonae“ charakterisirt wurde (L. 11. C. de imp. subst. 6, 26; $ 4. J. de
inut. stip. 3, 19), woraus denn bis in unser Jahrhundert hinein eine „jur. Per-
son“ gemacht wurde. — 78) Das römische Recht kennt ein ganz ähnliches
Rechtsinstitut in der dos. Es ist aber bezeichnend für die individua-
listische Anschauung der Römer, dass sie selbst hier den Gedanken einer
Gemeinschaft von Rechtssubjecten bei Identität und Ungetheiltheit des