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Ferner kommen völkerrechtliche Ausprägungen dieser Rechts-
idee vor und zwar zählt hierher ein der neuesten Zeit angehörendes
Rechtsinstitut, die Ausübung staatlicher Hoheitsrechte oder gar
der ganzen Fülle derselben, welche ein Staat einem anderen in
bindender Weise eingeräumt hat, also eine Art Veräusserung
staatlicher Hoheitsrechte. In diesem Verhältniss stehen derzeit
Waldeck zu Preussen, die Pforte hinsichtlich Bosniens und der
Herzegovina zu Oesterreich-Ungarn, Tunis zu Frankreich, einzelne
deutsche Bundesstaaten zu Preussen hinsichtlich der Militärver-
waltung?’°?). Es liegen hier Fälle von eigenen Rechten auf Stell-
vertretung in Ausübung der Staatsgewalt vor, in offenbarer An-
näherung an die Idee der Stellvertretung des Lehnsherrn durch
den Vasallen, aber gleichwohl sehr stark von dieser dadurch unter-
schieden, dass der das fremde Recht Ausübende nicht Unterthan
des anderen Gemeinschafters ist. Das Motiv, welches die An-
wendung dieser Form hier hervortreibt, ist wie natürlich allerdings
nicht ein caritatives, vielmehr ein egoistisches; es deckt sich eben
das Interesse des einen Staates an der Ausbreitung seiner Macht
mit der Unfähigkeit eines anderen, den modernen Staatsaufgaben
zu genügen. Es liegt daher auch hier eine (von der Völker-
Rechtes nicht fassen können. Sie nehmen lieber ein Eigenthum des Mannes
und nebenbei eines der Frau an (L. 3 8 5, D. de min. 4,4; L. 71 D. de
ev. 21,2; L.75 D. de j. d. 23,3; L.4 D. de coll. 37, 6; L. 7 8 12; L. 24
85 D. sol. matr. 24, 3), Behauptungen, die sich im Hinblick auf den römi-
schen Eigenthumsbegriff allerdings widersprechen; der berühmte Ausweg
JUSTINIAN’s in L. 30 C. de j. d. 5, 12, dem Manne ein Eigenthum ex legum
subtilitate, der Frau ein solches ex naturali jure zuzugestehen, ist nur der
Ausdruck der Unfähigkeit, die Natur eines solchen Verhältnisses zu begreifen.
Beiläufig sei hier auch bemerkt, dass sich durch den Mangel der Inter-
essen-Identität die Duplicität des quiritischen nudum jus und des boni-
tarischen Eigenthums von dem germanischen getheilten Eigenthum sehr stark
unterscheidet. Es ist daher gänzlich verkehrt, wenn manche Autoren diese
letztere Erscheinung des römischen Rechtes zur Erklärung des germanischen
getheilten Eigenthumes heranziehen wollen. — ?7°) Vgl. hierüber JELLINEK,
Die Lehre von den Staatenverbindungen $S. 113 ff., Brıe in Grünhut’s Ztschr.
XI. S. 118, derselbe, Theorie der Staatenverb. 8. 60.