Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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rechtsordnung anerkannte) Interesseneinheit vor, so dass die 
Ausübung des Rechts auf die Verwaltung seitens des einen 
Staates die Ausübung des Rechtes des anderen Staates, der das 
Subject desselben bleibt, involvirt. 
In reichster Fülle und vielgestaltigster Form aber ist das 
antiegoistische Motiv durch die Ausgestaltung des Verbandslebens 
im germanischen Recht verwerthet worden. Die begriffliche Con- 
struction dieses Gemeinschaftsverhältnisses ist ganz einfach: es 
besteht hier eine Rechtsgemeinschaft der geschilderten Art zwischen 
dem Individuum und dem Verbande als Einheit aller Genossen 
gedacht; der Zweck, der das Substrat des getheilten Rechtes bil- 
det, ist als der des Individuums von der Rechtsordnung anerkannt 
und zugleich als der Gesammtzweck des Verbandes; seine Er- 
füllung ist somit bedingt durch die Mitgliedschaft in demselben 
und in mannigfaltigster Weise durch die Beschaffenheit des Ge- 
sammtzweckes oder das Vorhandensein einer Mehrheit anderer, 
dazu tretender Gemeinschafter beeinflusst. 
Es ist unschwer zu erkennen, dass gerade hiermit jene Rechts- 
gebilde charakterisirt sind, welche man einerseits als „genossen- 
schaftliche“ Verbände des deutschen Rechtes, andererseits als 
„Gesammteigenthum“ und als „getheiltes Eigenthum® in den 
Reihen derjenigen zu bezeichnen gewohnt ist, welche an roma- 
nistischer „Logik“ Mangel leiden. Dass in diesen Instituten ein 
tiefer ethischer Kern von unberechenbarer Tragweite liegt, ist 
nicht zu bezweifeln; sie enthalten ein moderirendes Element 
gegenüber der centralistischen Tendenz des Verbandslebens, die 
Anerkennung und Beschützung des Individualinteresses im und 
auch gegenüber dem Verbande als Ganzen, soweit es mit der 
gesicherten Existenz des letzteren verträglich ist, freilich auch wie 
die deutsche Rechtsgeschichte leider lehrt, oft genug über diese 
Grenze hinaus. Sie sind somit Ausflüsse jenes grossen Rechts- 
gedankens, der das antike Gemeinwesen, in dem die Zwecke des 
Einzelnen in denen des Verbandes völlig aufgehen, vom germa-
	        
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